Spuren der Vergangenheit – Zeitreise in Endorfs Bergbaugeschichte

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Sie heißen Wilde Katz, Steinmücke oder Kurfürst Ernst. Josef Müller kennt sie alle. Der gebürtige Endorfer ist fasziniert von den Bergbaustollen, die die Gegend um Endorf „durchlöchern wie einen Schweizer Käse“. Das Interesse dafür liegt wohl in den Genen von Josef Müller: Sein Ururgroßvater war damals Steiger im Wilde-Katz-Stollen. Zu beneiden war der Vorfahre nicht um seinen Beruf. „Das war eine Knochenmaloche, die den Männern neben der Landwirtschaft ein klägliches Zubrot sicherte“, meint Josef Müller, der auch Führungen zur Geschichte des Bergbaus anbietet. „Die Bergleute starben mit spätestens 50 Jahren an einer Staublunge.“ Ein Jahr lang brauchte ein Bergmann, um den Stollen mit Hammer und Meißel drei bis sieben Meter in den Berg zu treiben – immer an der Erzader entlang. Die länglichen Löcher, die durch den sogenannten Fimmel entstanden sind, kann man heute noch am Mundloch des Steinmücke-Stollens erkennen.

Spuren der Vergangenheit - Zeitreise in Endorfs Bergbaugeschichte - sundern
Schlafende Fledermaus im Steinmücke-Stollen

Wie die anderen Stollen ist auch der Steinmücke-Stollen im Bönkhauser Klingelsiepen aus Sicherheitsgründen nicht mehr begehbar und dient mittlerweile zahlreichen Fledermäusen als Zuhause. Der Name „Klingelsiepen“ stammt übrigens von dem hellen Klang, der zu hören ist, wenn Schlägel und Eisen aufeinandertreffen.

Zur Bergfreiheit erhoben

Die Geschichte des Bergbaus in Endorf, Bönkhausen, Endorferhütte und Gehren lässt sich urkundlich bis ins Jahr 1450 zurückverfolgen. Nach Funden von Blei, Silber und Eisenerz entwickelte sich Endorf in ein so bedeutsames Zentrum des Bergbaus, dass der Ort im Jahr 1533 zur Bergfreiheit erhoben wurde. In dieser Zeit entstand auch der Kurfürst-Ernst-Stollen, der mit seinen 566 Metern der längste Stollen im Grubengebiet ist und heute unter Denkmalschutz steht. Die Gegend, durch die auch der Bergbauwanderweg verläuft, wirkt geradezu aufgewühlt. Großflächige Geröllhalden, auf denen die Kinder damals in mühevoller Arbeit das Erz vom Gestein schlagen mussten, erinnern an einen Steinbruch. Im Wald sieht es teilweise so aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. „Hier war einmal ein 106 Meter tiefer Belüftungsschacht für drei Stollen“, erklärt Josef Müller und zeigt dabei auf einen riesigen Krater. „Unglaublich, dass die Menschen damals wussten, wo sie anfangen sollten zu graben, um genau die richtige Stelle zu treffen.“

Fleischfressende Pflanzen

Schaut man genau hin, lässt sich hier und da der Verlauf eines eingesunkenen Stollens erkennen. Die kleineren Kuhlen, auch „Pingen“ genannt, sind Überreste vom Abbau über Tage, der betreiben wurde, bis man dazu überging, Schächte und Stollen anzulegen. „Mit einem Wünschelrutengänger hat man den Verlauf einer Erzader aufgespürt“, so Müller. „Außerdem kann man den auch an der Natur sehen: Wo eine Ader verläuft, da wächst nur Moos.“ Die urwüchsige Landschaft besteht deshalb hauptsächlich aus kargem Gesteinsboden oder Sumpf. In dem Naturschutzgebiet haben sich im Laufe der Jahre sogar einige seltene Pflanzen angesiedelt. Unglaublich, aber wahr: Sogar eine fleischfressende Pflanze namens „Sonnentau“ wurde hier schon gesichtet!

Silbermünzen aus Bönkhausen

Josef Müller weist auf mehrere Teiche hSpuren der Vergangenheit - Zeitreise in Endorfs Bergbaugeschichte - sundernin, die vom Bönkhauser Bach gespeist werden. Sie wurden damals nicht nur als Wasserspeicher genutzt, um die Pumpen zur Entwässerung der Stollen anzutreiben, sondern dienten auch als Waschteiche. „Nachdem man das Erz gewaschen hatte, wurde es kleingeschlagen, gesiebt, direkt vor Ort in Schmelzöfen geschmolzen und zu Barren verarbeitet“, erklärt er. Köhlerplätze in der Nähe lassen vermuten, dass für diesen Vorgang große Mengen an Holzkohle verbraucht wurden. Nach dem Abtransport verwendete man das begehrte Bleierz hauptsächlich dazu, das im Kupfer vorhandene Silber zu trennen. Ebenfalls interessant: Aus dem Bönkhauser Silber ließ Kurfürst Ernst von Bayern im 16. Jahrhundert Münzen prägen.

Geheimnisse im alten Spieker

Mitte des 19. Jahrhunderts waren die Erzvorräte erschöpft. Obwohl sogar ein Adeliger wie Kurfürst Maximilian Heinrich von Bayern an der Wiederbelebung interessiert war und Bönkhausen mit seiner Anwesenheit beehrte, konnte der Niedergang des Bergbaus nicht aufgehalten werden.

Ein Relikt aus der Blütezeit ist der alte Spieker, gegenüber dem heutigen Dorfplatz in Endorf. Hier soll sich das Kontor und die Zahlstelle für die Bergleute befunden haben. Warum sich im Inneren des Spiekers ein Stolleneingang befindet, ist nicht überliefert. War er vermutlich als geheimer Fluchtweg gedacht? Selbst der kundige Hobbybergmann Josef Müller kann auf diese Frage nur mit einem leisen Schmunzeln antworten.

Text und Fotos: Beatrix Collins

 

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