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Von Rita Maurer

Hallenberg. „Tas Halleperger Bier is kütt Bier, es trecket eim de Ögen zü – das Hallenberger Bier ist gutes Bier, es drückt einem die Augen zu!“ Nicht nur die Einheimischen hatten seinerzeit erkannt, dass in Hallenberg gebrautes Bier schon vor Jahrhunderten einen außerordentlich guten Ruf genoss. Ab Juni wird diese gute alte Tradition mit dem neuen „Hallenberger Landbier“ wieder aufleben. Deshalb haben wir in Hallenberg nach den Spuren der Brauergeschichte gesucht, die noch heute zu finden sind.

Das gute Hallenberger Bier  - gestern und heute - region, region-wi-me-ha, hallenberg
Dieses Foto von der Hallenberger Altstadt ist ca. 90 bis 100 Jahre alt.                                   Repro: Rita Maurer

In Hallenberg wird seit mindestens 475 Jahren Bier gebraut. 1543 findet sich ein Dokument, in dem der Erzbischof den Hallenbergern befohlen hatte, nicht mehr länger Bier in Korbach einzukaufen, sondern stattdessen selber zu brauen. Aus einem Register aus dieser Zeit geht hervor, dass das Bierbrauen damals schon ein festes Gewerbe war und damit vermutlich bereits länger in Hallenberg ausgeübt wurde. Am Marktplatz in der Nähe der Kirche und des Kumps gab es ein städtisches Brauhaus, in dem die Bürger Bier zusammen mit einem angestellten Braumeister brauen durften.

Das gute Hallenberger Bier  - gestern und heute - region, region-wi-me-ha, hallenberg
Foto: Rita Maurer

Dieses Brauhaus stand bis 1832, dann wurde ein neues Brauhaus an der Weife in der Nähe des heutigen Kindergartens gebaut. Die Straße dort heißt bis heute „Am Brauhaus“. Das Bier, das von den Hallenbergern nicht selbst gebraucht wurde, durfte verkauft werden. Seine Qualität erlangte schnell einen solch guten Ruf, dass es nicht nur in den umliegenden Orten beliebt war, sondern auch „fremde Biertrinker oft stundenweit herkamen, um sich bei einem Glase Hallenberger Bier zu vergnügen“, wie die Lachemeyersche Chronik von 1847 schreibt. Anfang des 19. Jahrhunderts sind schätzungsweise rund 150000 Liter Bier pro Jahr in Hallenberg gebraut worden.

Um 1845 hat das städtische Brauhaus seinen Betrieb eingestellt und wurde mehrfach an Privatleute verkauft. Bis ca. 1905 wurde dort noch gebraut.

Private Brauerei der Familie Pauly

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Hier stand bis 1961 die private Brauerei der Familie Pauly.                  Foto: Rita Maurer

Die Brauer- und Gastwirtsfamilie Franz und Heinrich Pauli (damals noch mit „i“ geschrieben“) besaß eine eigene Brauerei, die bis 1961 an der Ecke zum Weifer Weg stand, wo sich heute die Nachbildung des Heidekopfturms befindet. Dort wurde bis 1914 Bier gebraut und in der eigenen Gaststätte „Zum alten Brauhaus“ an der unteren Ecke der Petrusstraße ausgeschenkt. Der Erste Weltkrieg setzte der Hallenberger Bierbraugeschichte aber dann ein Ende, weil das gesamte Brauerzubehör für den Krieg eingezogen wurde.

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Maischeschaufel, Spundlochbrenner und Fass-Stempel sind das Familienwappen der Paulys. Foto: Rita Maurer

 

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Dieser Stempel mit dem Namen „Pauly“ in Spiegelschrift wurde im Feuer erhitzt und dann auf das Holzfass gedrückt. Foto: Rita Maurer

Die Familie Pauly besitzt aus ihren Brauerzeiten noch eine Maischeschaufel, einen Spundlochbrenner und einen eisernen Stempel, mit dem der Name „Pauly“ auf die Holzfässer gebrannt wurde.

 

 

 

 

1921 war das Hallenberger Brauhaus an der Weife eins von zwei Motiven neben der Osternacht, das auf die Notgeldscheine dieser Zeit gedruckt wurde. Die auf der Rückseite gezeigte Ratsherrenprobe (sie besagt, dass das Hallenberger Bier erst dann richtig gut ist, wenn es den Ratsherren beim Reinsetzen samt Bank am verlängerten Rücken kleben bleibt!) hat angeblich in den abgebildeten Kellergewölben des städtischen Brauhauses stattgefunden.Das gute Hallenberger Bier  - gestern und heute - region, region-wi-me-ha, hallenbergDas gute Hallenberger Bier  - gestern und heute - region, region-wi-me-ha, hallenberg

Das Brauhaus selbst wurde Anfang des 20. Jahrhunderts abgerissen, auf seinem Kellerfundament könnte jedoch in den 30er Jahren das jetzt an dieser Stelle stehende Haus erbaut worden sein, wie dessen Besitzer vermuten.

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Hier in der Nähe der Weife stand das zweite städtische Brauhaus.          Foto: Rita Maurer

Auf die Brauvergangenheit weist an dieser Stelle außer der Straßenbezeichnung „Am Brauhaus“ sonst allerdings nichts mehr hin. Gegenüber befindet sich immer noch ein inzwischen stillgelegter, ca. 50 Meter langer und ebenerdiger Stollen im Berg, in dem bis vor einigen Jahrzehnten noch Bier und andere Getränke lagerten.

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Stolleneingang Foto: Rita Maurer

 

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Die Küfer-Scheune neben der Unterkirche               Foto: Rita Maurer

 

 

 

 

 

In der gut erhaltenen Fachwerkscheune am Hallenberger Ortseingang zwischen Eishäuschen und Unterkirche sind seinerzeit Bierfässer gebaut worden. Der Fassbauer namens Groß bekam dadurch den Rufnamen „Küfers“. Als Küfer oder Küfner werden Handwerker bezeichnet, die Fässer und Kübel aus Holz anfertigten.

„Bier- und Zeppebude“

Es gibt also bis heute noch lebendige Hinweise und Erinnerungen an die lange Biertradition in Hallenberg. Nach 104 Jahren rinnt nun zum ersten Mal auch wieder original in Hallenberg gebrautes Bier aus dem Zapfhahn. Wie in alten Zeiten kann es von den Bürgern gemeinsam mit einem Braumeister gebraut werden. Und ebenfalls wie früher gibt es im Brauhaus wieder eine „Bier- und Zeppebude“ – eine Bier- und Zapfstube, in der das Bier probiert werden darf.

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Foto: Rita Maurer

Der Brauhof Hallenberg, in dem es produziert wird, steht kurz vor seiner Vollendung. Aus dem ehemaligen Kuhstall haben Jörg Schütte aus Köln, Richard Gamm aus Züschen und Peter Mesters aus Winterberg mit ihrem Handwerker-Team eine Vorzeigebrauerei gemacht. Auf dem alten Heuboden steht die Brauanlage; unten – wo früher Kühe und Schweine standen – darf das Bier demnächst probiert und gekauft werden. Investor ist Jörg Schütte aus Köln, der mit seiner Frau bereits vor einigen Jahren den Hof Hallenberg gekauft und zu einer florierenden Frühstückspension umgebaut hat. Der Brauhof in dem vorher lange leerstehenden Nachbarhaus ist sein zweites großes Projekt: „Mich fasziniert am Brauhof, dass alles aus der Region kommt: Die Idee, die Zutaten und die Macher. Regionaler geht es nicht.“

„Hallenberger Landbier“ lautet der Name für das untergärige Bier. Das Wasser kommt aus dem Hallenberger Tiefenbrunnen in der Struth, die Gerste für das Braumalz bauen sechs heimische Landwirte an.

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Foto: Rita Maurer

„Brauen ist harte Arbeit“, sagt Peter Mesters. Wer den ausgebildeten Brau- und Malzmeister bei der Arbeit beobachtet, stellt schnell fest, dass damit nicht nur das Schleppen der 25-Kilo-Säcke mit Braumalz gemeint ist, aus denen zusammen mit dem Hallenberger Wasser aus der „Struth“ die Maische für den Sud angesetzt wird.

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Foto: Rita Maurer

Genau zur richtigen Zeit müssen die unzähligen Hebel an der Brauanlage in die richtige Position gebracht werden, damit Temperatur und Reifedauer exakt auf die einzelnen Verarbeitungsschritte abgestimmt sind.

Peter Mesters braut in Hallenberg nach dem Dekoktionsverfahren. Im Gegensatz zu industriell per Infusionsverfahren deutlich schneller hergestellten Biersorten werden hierbei kleine Mengen handwerklich produziert und brauchen eine wesentlich längere Reifezeit.

Wertige Ein-Literflasche mit Holzkiste

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Foto: Rita Maurer

Erhältlich ist das Hallenberger Landbier künftig in 20-Liter-Fässchen, aus denen es mit einem Anstich direkt ohne gesonderte Anlage gezapft werden kann….

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Foto: Rita Maurer

…oder ganz stilecht in Holzkisten, in denen sechs Literflaschen mit Bügelverschluss Platz finden. Literflaschen? „Ja, denn so wurde früher das Bier abgefüllt und dann in Gläser ausgeschenkt. Die kleinen 0,33- oder 0,5-Literflaschen wurden erst viel später entwickelt“, begründet Richard Gamm die Entscheidung für diese heute eher ungewöhnliche Flaschenform. Auf dem hellblauen Etikett ist die Silhouette von Hallenberg und ein plattdeutscher Spruch zu sehen:

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Foto: Rita Maurer

„Tas Halleperger Bier is kütt Bier, es trecket eim de Ögen zü“ – „das Hallenberger Bier ist gutes Bier, es drückt einem die Augen zu“. Dieser Satz beschrieb schon vor Jahrhunderten die umwerfende Qualität von Bier made in Hallenberg!

Bleibt zu wünschen, dass sich das neue Hallenberger Landbier ebenfalls wieder einen so legendären Ruf verdient und seinen Liebhabern zumindest vor Entzücken „de Ögen zütrecket“!

Prost!!

 

Wissenswertes am Rande:

  • Ab Mitte Juni ist donnerstags, freitags und samstags von jeweils 15 bis 18 Uhr ein Direktverkauf im Brauhof geplant.
  • Angeboten werden nach Absprache außerdem zweistündige Brauereibesichtigungen und Brauseminare, bei denen ein Tag lang zusammen Peter Mesters Bier gebraut wird, das die Teilnehmer sich nach der Reifezeit abholen können.
  • Anmeldungen und Infos unter alberti@hof-hallenberg.de.

 

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