Upländer Unikat – Eine Eiche mit magischer Anziehungskraft

Renate Hill ist Geopark- sowie Natur- und Landschaftsführerin mit einer besonderen Vorliebe für die Sauerländer Seelenorte 

Der Name Renate Hill ist in Willingen und Umgebung bestens bekannt. Das ist doch die Frau, die so viel weiß, hieß es neulich im Ort. Und ja. Renate Hill ist Geopark- sowie Natur- und Landschaftsführerin für die Region Willingen, und sie hat viel zu erzählen. Zusammen mit ihren Gästen bewegt sie sich auf den Spuren der Vergangenheit und hat dafür extra in ihrem Wohnhaus eine Geo-Info-Stube eingerichtet. Aber auch in der direkten Nachbarschaft gibt es viel zu entdecken. Zum Beispiel einen der sogenannten Sauerländer Seelenorte, wo ein robuster alter Baum – die „Eiche im Ohl“ – den Mittelpunkt bildet.

Treten wir ein in die gute Stube. An den Wänden stehen mehrere Vitrinen, und in der Mitte des Raumes ein runder Tisch. Darauf befinden sich Steine und Tonscherben, die auf den ersten Blick gar nicht so spektakulär aussehen. Wenn sie allerdings reden können, würde man wahrscheinlich mit offenem Mund staunend zuhören. Denn diese Exponate führen einen direkt in die Geschichte unserer Vorfahren. „Die bezeugen 400 Millionen Jahre Erdgeschichte und 4000 Jahre Menschengeschichte“, sagt Renate Hill, die sich über jeden angemeldeten Gast freut, der sich dafür interessiert. Die heute 76-Jährige hat sich extra zur Geopark-Führerin ausbilden lassen, als sie die Geo-Info-Stube im Jahr 2011 einrichtete. Die Exponate reichen von Tonscherben, Steinen, Versteinerungen bis hin zu Schlacke sowie historischen Silbergefäßen und -schmuck.

Sauerländer Seelenorte liegen Renate Hill am Herzen

Sehr wichtig sind Renate Hill auch die Sauerländer Seelenorte. Einen der insgesamt 43 Orte hat sie mit der Eiche in direkter Nähe ihres Hauses. Bei diesen Seelenorten handelt es sich um traditionsreiche Orte, die für Menschen eine besondere Anziehungskraft ausüben. Den Kopf ausschalten, sich frei und wohl fühlen, sich selbst spüren. Die gewaltige Eiche im Ohl soll genau dies vermitteln können, allein durch ihre Größe soll sie die Menschen mit ihrer magischen Kraft einnehmen. Renate Hill ist Erzählpatin der Sauerland-Seelenorte und liebt den Platz unter dem Baum. Gerne beobachtet sie, wenn Gäste sich dem Baum nähern, und seine Wirkung spüren. Man kann dort auf Schaukeln sitzen, innehalten und seine Gedanken kreisen lassen. Vom Hügel aus hat man zudem einen traumhaften Blick in die Natur. Die Quelle am Fuß des Baumes versorgt ihr Haus, das sie in fünfter Generation bewohnt, mit Quellwasser. 

Frühere Grabungsstellen noch heute erkennbar

Der Blick in die Vergangenheit: Die meisten Siedler in der Gegend suchten nach Eisen und Gold, das sie knapp unter der Oberfläche auch fanden. Die Stellen, an denen sie früher gegraben haben, sind auch heute noch erkennbar, denn es gibt deutliche farbliche Unterschiede im Boden. Die männlichen Vorfahren von Renate Hill waren Hüttenmeister. Sie selbst arbeitete nach einer landwirtschaftlichen Ausbildung als Regionalentwicklerin, und zu ihrem Job gehörte unter anderem auch die Entnahme von Bodenproben. So entstand bei ihr das Interesse an den Schätzen unter der Oberfläche. Sie weiß von zahlreichen Goldbergwerken, die früher in der Region betrieben wurden. Vielen bekannt ist meist nur der Goldbergbau rund um Goldhausen. Dass der Golddistrikt auch bis Willingen reichte, dies wissen viele nicht.

Auf der Suche nach historischen Hügelgräbern

Die Geoparkführerin erklärt ihren Gästen, was es mit den Goldbergwerken, Muscheln und Steinen auf sich hat, berichtet aber auch über alte Handelsrouten, auf denen schon die Römer unterwegs waren.  Gerne begibt sie sich mit anderen Wissbegierigen im Waldeckischen Upland auf die Suche nach Gestein, alten Hügelgräbern oder früher genutzten Gerichtsplätzen. Für Kinder gibt es eine Besonderheit: Neben der Info-Stube hat Renate Hill eine Goldwaschanlage aufbauen lassen. Spannend! 

Goldwaschen hat nichts mit Romantik zu tun

Renate Hill freut sich, dass das Interesse am Geo-Park und an den Seelenorten so groß ist. Renate Hill, bietet als Geopark- und Naturparkführerin aber keine klassischen Wanderungen an. „Für Wanderungen kommen die Gäste mit ihren Wanderstöcken an und wollen einfach loswandern. Das passt nicht!“ Sie weiß, dass sie sich in einem „speziellen Wissensgebiet“ bewegt. „Es hat auch nichts mit Romantik zu tun“, lacht die Expertin, wenn sie ans Goldwaschen denkt, „da haben viele eine ganz andere Vorstellung“. Auf die Frage, was die Motivation für ihr großes Engagement ist, erklärt Renate Hill: „Ich selbst will auch alles wissen!“ Ihre Begeisterung ist spürbar, und genau das machen ihre Führungen aus. Zudem schaut sie immer sehr genau, wie viel Wissen sie ihrem Gegenüber „zumuten“ kann. Auf dieses Fingerspitzengefühl legt die Geopark-Führerin großen Wert, denn allen soll die Reise in die Vergangenheit Spaß machen. 

Text: Carmen Ahlers, Fotos: Privat