Schlechtes Wetter gibt es nicht

Sauerland-Wetter-Experte Julian Pape im Gespräch

Vielen Sauerländern ist der Geograf Julian Pape als Wetterfrosch bekannt. In verschiedenen Medien wie auf dem eigenen Portal wetter-sauerland.de erklärt er der Region gemeinsam mit seinem Vater Meinolf Pape das hiesige Wetter. In der HEIMATLIEBE wagt er außerdem einen Blick in die klimatische Zukunft der Region.

Herr Pape, wie sind Sie zum Wetter gekommen?

Durch meinen Vater, der mit der Arbeit schon in den 1990er Jahren begonnen hat. Als Geograf hat er unter anderem das Bildungs- und Wissenschaftszentrum Kahler Asten mitgegründet, um dort seine Faszination vom Wetter weiterzugeben. Ich interessiere mich dafür, seit ich denken kann. In die Wettermessung sind wir mit einfachen Geräten vor dem Haus und Wetterhütten eingestiegen, die man noch manuell auslesen musste. Mittlerweile haben wir rund 80 kompakte Stationen im ganzen Sauerland verteilt, mit denen das Sammeln der Daten automatisch über das Internet läuft. Die ersten haben wir selbst noch angeschafft, viele weitere wurden dann über Partner wie Unternehmen, Ortsgemeinschaften oder Kindergärten finanziert. Vor allem auch für Schulen ist das ein spannendes Angebot, weil so wichtige Zukunftsthemen wie Klima und Digitalisierung hautnah erlebt und im Unterricht aktiv erklärt werden können.

Sauerland und Wetter – vielen fällt da gleich der Regen ein. Zu Unrecht?

Da ist schon was dran. In Gebirgen regnet es immer mehr als im Flachland. Die Wolken, die bei uns vornehmlich aus Südwest kommen, stauen sich vor dem Gebirge, steigen auf, kühlen ab und dann fällt die Feuchtigkeit herab: Es regnet. Die Orte, die vor den höchsten Erhebungen liegen, bekommen den meisten Regen ab. In den niederschlagreichsten Gebieten hier bis zu 1500 l/m2 im Jahr, doppelt so viel wie im Deutschlanddurchschnitt. Die Sonne scheint im Sauerland etwas weniger und durch die Höhenlagen ist es hier auch etwas kälter. Das Besondere am Mittelgebirge: Das Wetter ist vielseitiger als in Dortmund oder Köln. Im Winter gibt es Schnee. Im Herbst ragen die Berge manchmal wie Inseln aus einem Nebelmeer heraus. Diese Inversionswetterlage ist eine der schönsten Wetterlagen, die ich kenne.

Der Klimawandel macht auch vor dem Sauerland nicht Halt. Wie wird sich unser Wetter verändern?

Ja, das betrifft natürlich auch uns. Wir merken das schon jetzt daran, dass es im Winter weniger Naturschnee gibt, die Sommer trockener werden, und wenn es mal regnet, dann viel in kurzer Zeit. Von „Klima“ spricht man eigentlich in Zeiträumen ab 30 Jahren – aus unseren eigenen Wetterdaten lässt sich seriös also kein Trend ablesen. Wenn wir aber die Wetterdaten vom Kahlen Asten der letzten 100 Jahre sehen, dann bestätigt sich hier, dass es insgesamt deutlich wärmer geworden ist. Die wahrscheinlichste wissenschaftliche Prognose ist, dass es aufgrund einer Verlagerung des Jetstreams verstärkt eine Konstanz gewisser Wetterlagen geben wird, das Wetter also nicht mehr so schnell innerhalb weniger Tage wechseln wird. Hitzeperioden, aber auch Kaltphasen bleiben dann länger.

Können wir in den nächsten Jahrzehnten noch mit Schnee rechnen?

Es ist sicher, dass die Winter noch ein Stück milder werden als heute. Naturschnee wird also weiter abnehmen, wobei schneereiche Winter weiter möglich sind. Klimaerwärmung findet ja nicht linear statt, sondern verläuft in Schwankungen. 2010 bis 2013 gab es etwa richtig kalte Winter, danach folgte ein eher milder Block und es ist wahrscheinlich, dass es auch wieder Temperaturschwankungen nach unten geben wird.

Ihre Wetterprognosen basieren auf eigenen Daten aus der ganzen Region. Wie erstellen Sie Ihre Vorhersagen?

Unsere Wetterstationen liefern täglich eine ganze Reihe an Messdaten über das Internet: Temperatur, Niederschlag, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck, Windgeschwindigkeit, Solarstärke sowie gerade in den vergangenen Jahren wichtige Werte aus dem Boden wie Temperatur und Feuchtigkeit in unterschiedlichen Tiefen. Wir werten diese Daten aus, als Rückblick, aber vor allem auch im Rahmen unserer Vorhersage. Natürlich könnte man regionale Prognosen auch allein auf Grundlage von frei verfügbaren Wettermodellen aus dem Internet erstellen. Wir wollen es aber genau wissen. Denn es gibt regionale Besonderheiten und Regelmäßigkeiten: In dem einen Tal ist es immer kälter als in den Nachbartälern. Auf manchen Bergen ist der Wind immer stärker als anderswo. In manchen Orten hier regnet es einfach mehr als im Schnitt. Wir wissen das, weil wir es seit langem messen. Unsere Vorhersagen basieren also auf den großen Wettermodellen, unserem eignenen Wissen zum regionalen Wetter und unseren tagesaktuellen Daten.

Wenn die kalte Jahreszeit kommt, mehren sich die Schlechtwetter-Tage. Haben Sie einen guten Tipp, was man dann unternehmen kann?

Ich bin ein Naturmensch, der sagt: Man kann auch bei schlechtem Wetter nach draußen gehen. Beziehungsweise: Schlechtes Wetter gibt es nicht. Auch Nebel ist schön. Immer einen Ausflug wert ist der Kahle Asten. Dort gibt es übrigens eine Ausstellung zum Thema und den Klimapfad, den mein Vater geschaffen hat. Er bietet dort seit 30 Jahren Führungen unter dem Titel „Klimarausch“ an, zu denen man sich anmelden kann. Die finden, wenn’s nicht gerade hagelt oder stürmt, übrigens bei jedem Wetter statt.

Fotos Julian Pape/Ralf Litera