Das unbeschreibliche Gefühl des Fliegens

Skispringer Stephan Leyhe ist das Gesicht des SC Willingen und feierte in seiner
Heimat seinen größten sportlichen Erfolg.

Er ist das Aushängeschild des Skiclub Willingen und bereits mit reichlich Edelmetall behangen. Der Skispringer Stephan Leyhe ist in Willingen aufgewachsen und dort – in seiner Heimat – konnte er auch seinen bisher größten und für ihn wichtigsten Erfolg feiern. Zusammen mit tausenden Fans bejubelte der 31-Jährige im Jahr 2020 an der Mühlenkopfschanze seinen Weltcup-Sieg.

Auch, wenn Stephan Leyhe heute nicht mehr in Schwalefeld, sondern im Schwarzwald lebt, ist er sehr heimatverbunden. In Willingen liegen seine Wurzeln, und dort hat auch seine sportliche Karriere begonnen. „In meiner Kindheit habe ich viel Sport getrieben, ich war schon immer sehr aktiv und habe viele Dinge ausprobiert. Was eigentlich viele Kinder getan haben. Im Winter bin ich immer Ski gefahren, und im Sommer habe ich eine ganze Weile auch Fußball gespielt“, erzählt Stephan Leyhe, der sich gerne daran erinnert, wie er mit dem Skispringen in Berührung gekommen ist. „Im Alter von fünf Jahren wollte ich dann zusammen mit meinem großen Bruder Christoph einmal zu einem Skisprungtraining. Die Orenbergschanzen kann man in Willingen ja vom Ort sehen“, so der erfolgreiche Skispringer, „außerdem sind wir auf den Skipisten schon immer gesprungen und haben unsere eigenen Schanzen gebaut. Wir wollten immer höher und weiter springen“. Dann aber musste eine Entscheidung her, und Stephan musste zwischen Fußball und Skispringen wählen. Beides zusammen mit viel Ehrgeiz zu betreiben, war für den Jugendlichen neben der Schule zeitlich nicht möglich.

Sechs bis acht Trainingseinheiten pro Woche
Er hat sich also fürs Skispringen entschieden und trainiert aktuell sechs- bis achtmal die Woche. „Krafteinheiten, Stabi, dehnen. Zwischendurch sind wir dann immer noch auf Lehrgängen, dort ist dann das Pensum noch etwas höher“, erläutert Stephan Leyhe. Diesen Aufwand betreibt er aber sehr gerne. „Durch das viele Training und die Wettkämpfe wird mein Leben sehr vom Sport bestimmt, was aber nicht schlimm ist. Ich habe es mir ausgesucht. Allerdings gibt es auch Phasen, wo ich nicht an den Sport denken muss und mich auf mein Privatleben konzentrieren kann“, beschreibt Stephan Leyhe, der seit 2012 in der Sportfördergruppe der Bundeswehr ist.

Zurück in die Nationalmannschaft
Was macht das Skispringen für den Leistungssportler so attraktiv? „Am Sport allgemein liebe ich die körperlichen Belastungen und das ich immer im Freien bin. Das Skispringen ist eine spezielle Sportart, die einem ein Gefühl des Fliegens – für ein paar Sekunden – gibt. Außerdem muss man immer alles unter Kontrolle haben“, sagt Stephan Leyhe. Er hat ein großes Ziel vor Augen, denn er möchte diesen Winter unbedingt wieder zurück in die Nationalmannschaft, dort beste Leistungen in den Wettkämpfen zeigen und an sein Leistungsniveau vor seiner Verletzung anknüpfen. Genaue Platzierungswünsche gebe er meist nicht an, da ihm der Weg, der Prozess und die Konstanz wichtiger seien, erklärt er.

Zwei olympische Medaillen
Zu Stephan Leyhes größten Erfolgen zählen die beiden olympischen Medaillen – Zweiter mit dem Team im Jahr 2018 und Dritter mit dem Team in 2022. Den Weltmeistertitel konnte er im Team 2019 bejubeln. In der Gesamtwertung der Vierschanzentournee (2018/2019) landete er auf dem dritten Platz. „Und dann gab es natürlich meinen Einzelsieg in Willingen beim Weltcup vor drei Jahren. Diesen würde ich auch als meinen persönlich wichtigsten

Erfolg bezeichnen, da es schon immer mein Traum war, einen Weltcup zu gewinnen. Dass das dann auch noch in Willingen passiert ist, macht es eigentlich perfekt“, beschreibt Stephan Leyhe den Höhepunkt seiner bisherigen sportlichen Karriere.

Mitglied im Schützenverein und im TSV Schwalefeld
Der Ausnahmesportler kommt immer gerne nach Willingen, nicht nur, weil es dort mit der Mühlenkopfschanze die größte Skisprungschanze der Welt gibt, sondern weil er viele private Verbindungen pflegt. Zum einen wohnen dort Teile seiner Familie, aber er hat dort auch viele Freunde. Stephan Leyhe hat 2011 sein Abitur in Willingen gemacht. „Ich bin in Schwalefeld noch Mitglied in anderen Vereinen wie dem Schützenverein und TSV Schwalefeld, bin aber nicht aktiv. Das liegt aber daran, dass ich eben nicht mehr dort wohne“, bedauert er. Während die Freizeit in den Wintermonaten eher knapp bemessen ist, sieht das im Sommer schon anders aus. Da versucht sich der 31-Jährige mit anderen Dingen zu beschäftigen, um sich vom Springen abzulenken. 

Es muss nicht immer der große Sprung sein

Skispringer Stephan Leyhe ist das Gesicht des SC Willingen und feierte in seiner
Heimat seinen größten sportlichen
Erfolg.

Wenn man Stephan Leyhe bittet, doch mal seinen persönlichen, perfekten Tag zu beschreiben, kommt der Skispringer ins Nachdenken. „Den perfekten Tag zu beschreiben ist schwierig. Es kommt immer auf meinen physischen und psychischen Zustand an. Nach einer harten Trainingswoche freue ich mich, einfach mal nichts zu tun und die Zeit mit meiner Frau Jacqueline zu verbringen. Es gibt aber auch Tage, an denen ich gerne etwas unternehme“, sagt der gebürtige Willinger, der also nicht immer die ganz großen Sprünge machen möchte. Zumindest außerhalb des Sports.

Text: Carmen Ahlers
Fotos: Tadeusz Mieczynski/SCW