Oberschledorn. Die Oberschledorner können bekanntlich gut feiern. Und in diesem Jahr haben sie auch richtig Grund dazu: Gleich drei Vereine haben einen runden Geburtstag: Der Musikverein wird 40 Jahre alt, die Feuerwehr 100 Und die Schützen sogar 150 Jahre.
Deshalb sind im April, Mai und Juni große Jubiläums feste geplant. Und weil die drei Vereine generell untereinander einen guten Draht haben, ist gerade eine gemeinsame HEIMATLIEBE-Sonderausgabe zu den Jubiläen in Arbeit. In Kurzform wollen wir die Jubilare aber auch hier würdigen.
150 Jahre St. Antonius Schützenbruderschaft Oberschledorn
1874 – das Deutsche Kaiserreich mit Kaiser Wilhelm I. war noch jung und hatte Frankreich im deutsch-französischen Krieg besiegt. In diesem deutschnationalen Begeisterungstaumel wurden überall Kriegervereine gegründet, so auch inOberschledorn. Sein Ziel lt. Statuten: „Den kameradschaftlichen Sinn und den militärischen Charakter zu heben sowie die Anhänglichkeit an Kaiser und Reich stets in Erinnerung zu halten.“ Die 13 Gründer von einst hätten sich vermutlich nicht träumen lassen, dass ihr Verein 150 Jahre später zwar nicht mehr ganz so kaisertreu – immer noch bestehen würde. Auch wenn die Zeiten nicht einfach waren, wurde jedes Jahr Kriegerfest gefeiert, die ersten Jahrzehnte im Lakenzelt, 1910 startete nach jahrelanger Planung der Bau der Fest- oder jetzt Schützenhalle. Für die Finanzierung mussten die Oberschledorner sich ganz schön strecken: U.a. wurden Theaterstücke aufgeführt, Waldbeeren gesammelt und Milch verkauft. Für 1931 ist in der Chronik vermerkt, dass erstmals überlegt wurde, ein Vogelschießen zu veranstalten – und dass es für die Herren Bier und Korn gab, für die Damen dagegen helles Bier mit Zucker und einem Hölzchen zum Umrühren.
Durch die Machtübernahme der Nazis waren alle Kriegervereine gezwungen, 1934 dem Reichskriegerbund Kyffhäuser beizutreten. Viele Oberschledorner widersetzten sich diesem politischen Druck, so dass sich 1937 zusätzlich ein Schützenverein gründete. 1938 gab es das erste Schützenfest mit Königspaar. Auch 1939 wurde Mitte August noch ausgelassen gefeiert und neben dem Vogel auch ein Geck geschossen, der die Ehre hatte, herumstehende Biergläser austrinken zu dürfen. Nicht einmal drei Wochen später brach der Zweite Weltkrieg aus und brachte die Aktivitäten aller Vereine zum Erliegen. 1948 wurde mit Genehmigung der britischen Besatzung die „St. Antonius Schützenbruderschaft Oberschledorn“ ins Leben gerufen; in ihr gingen alle Mitglieder des bisherigen Krieger- und Schützenvereins auf. Knappe zwei Monate nach der Währungsreform, bei der jeder Bürger 40 DM erhielt, fand das erste Nachkriegsschützenfest statt. Ein Bier kostete damals 60 Pfennig, ein Würstchen eine Mark. Der Vogel durfte nur mit der Armbrust abgeschossen werden. Weil es wenige Geschosse gab, mussten diese nach den Schüssen im Wald gesucht und wiederverwendet werden – Recycling auf Schützenweise!
Ein beliebter Brauch entstand 1982 mit der Abendwanderung am Wochenende vor dem eigentlichen Schützenfest Ende Juli. Herzstück der Schützenbruderschaft war und ist die Schützenhalle, in die über die Jahrzehnte viel Herzblut, Eigenleistung und Geld gesteckt wurde und die Dreh- und Angelpunkt für viele Feste im Ort ist. Zuletzt stand 2006/2007 eine große Modernisierung und Erweiterung an. Für immer mit der Schützenhalle und diesem Umbau verbunden ist der Schützenhauptmann Michael Mütze, der bei den Bauarbeiten tödlich verunglückte. Im Jubiläumsjahr 2024 gehören der Schützenbruderschaft Oberschledorn 440 Mitglieder an. Besonders erwähnenswert ist der Musikverein Bontkirchen als jahrzehntelange Festmusik und die herzliche Verbindung, die daraus entstanden ist. 1918 gaben die Bontkirchener erstmals ein Gastspiel beim Kriegerfest und feiern in diesem Sommer ihr 25-Jähriges in Oberschledorn.
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100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Oberschledorn
Im Jahr 1924, nur wenige Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, gründete sich in Oberschledorn eine Freiwillige Feuerwehr, die relativ dürftig mit einigen Schläuchen und einer Tragkraftspritze ausgerüstet war. Schon drei Jahre später bestanden die Kameraden eine große Bewährungsprobe, als sie bei einem Brand ein Haus vor der völligen Zerstörung retten konnten. Hierbei wurden Erinnerungen an den verheerenden Dorfbrand von 1890 wach, bei dem 18 Häuser abbrannten und mit 129 Einwohnern mehr als ein Drittel der Dorfbevölkerung obdachlos war. Nachdem die Feuerwehrleute vier Jahrzehnte ihre Utensilien in einem Nebenraum des Backhauses deponiert hatten, konnten sie 1965 endlich ihr eigenes Feuerwehrhaus einweihen und bekamen auch das erste Fahrzeug: einen VW-Bulli, in dem die gesamte Ausrüstung Platz fand.
1972 folgte mit der Gründung der Jugendfeuerwehr ein wichtiger Schritt in Richtung Zukunft. 2020 wurde zusätzlich eine Kinderfeuerwehr eingerichtet, um auch Kinder im Grundschulalter schon spielerisch mit den Aufgaben der Feuerwehr vertraut zu machen. 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Oberschledorn – das ist unendlich vielehrenamtlich geleistete Zeit, bei der teilweise die eigene Gesundheit eingesetzt wird. Aktuell besteht die Löschgruppe aus 46 Feuerwehrleuten (davon fünf Frauen), 16 Jugendfeuerwehrleuten (davon vier Mädchen) und 12 Kinderfeuerwehrleuten (davon vier Mädchen). Die Ehrenabteilung umfasst 19 Kameraden. Brände sind nur noch ein Teil des Aufgabengebietes. Hinzu kommen technische Hilfe, Öl- oder Chemie-Unfälle und Unterstützung bei Unwettern, was zuletzt dramatisch beim Weihnachtshochwasser 2023 offensichtlich wurde – die Einsatzkräfte müssen auf alles vorbereitet und entsprechend geschult sein. Die Anforderungen an eine schlagkräftige Löscheinheit haben sich in den vergangenen Jahren auch in Oberschledorn stark verändert, aber die verantwortungsvolle Grundaufgabe ist geblieben: Retten, löschen, schützen und das Bergen von Menschen und ihrem Hab und Gut.
40 Jahre Musikverein Oberschledorn
1984 – für die einen ist es der Roman von George Orwell. Für Oberschledorn ist diese Zahl jedoch ein weiterer Meilenstein für die Dorfgeschichte: Der Musikverein wurde gegründet! Er ist das Ergebnis einer durchzechten Sommernacht samt Dauerbeschallung mit der „Hanna-Polka“: Ernst Althaus und Arnold Figge, bis dahin Mitglieder im Spielmannszug Oberschledorn und der sagenumwobenen „Kapelle Grausam“, beschlossen recht beseelt, in Oberschledorn einen Musikverein ins Leben zu rufen. Nachdem die beiden anfangs nicht ganz ernst genommen wurden, fanden sie mit Bernd Eickhoff aus Düdinghausen aber bald einen Ausbilder, Instrumente und auch ausreichend Interessenten. Im Sommer 1984 konnten die ersten Auftritte absolviert werden – darunter das Wecken auf dem Schützenfest, im Herbst folgte die Anmeldung beim Volksmusikerbund: der Musikverein Oberschledorn war aus der Taufe gehoben!
Eine gute Ausbildung war und ist allen Musikern von Anfang an wichtig. Deshalb finden regelmäßig Workshops mit namhaften Komponisten und Profimusikern statt. Die schon immer gute Freundschaft zum Nachbar-Musikverein aus Düdinghausen wurde 1997 in einer Konzertgemeinschaft mit dem Schwerpunkt auf sinfonischer Blasmusik manifestiert und hat sich als sehr erfolgreiche Symbiose erwiesen. Beim Landesmusikfest 2018 wurde ihr Auftritt mit der Höchstnote „mit hervorragendem Erfolg“ bewertet.
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Ob es an der Hanna-Polka als Geburtshelferin liegt? In der gesamten Palette an Stilrichtungen, die ein Musikverein für verschiedene Anlässe braucht, haben die Oberschledorner ein ganz besonderes Faible für böhmische Musik entwickelt. Die „Böhmischen Abende“ haben seit 2009 ein begeistertes Publikum. Zum 40. Geburtstag haben sich die Oberschledorner Musiker mit ihren Dirigenten Kerstin Engel und Arnold Figge etwas Besonderes überlegt: Neben einem zweitägigen Musikfest mit befreundeten Vereinen im April führen sie am letzten September-Sonntag das Kinderkonzert „Detektiv Allegro“ auf. Es verspricht eine spannende Suche nach Instrumenten und Noten, an deren Ende vielleicht sogar junge Nachwuchsmusiker gefunden werden: auf die nächsten 40 Jahre des Musikvereins Oberschledorn!
ALLE TERMINE IM ÜBERBLICK:
Samstag, 8. Juni 2024
16 Uhr Kaiserschießen beim Jubiläumsschützenfest
20 Uhr Großer Zapfenstreich in der Schützenhalle
Sonntag 9. Juni 2024
9 Uhr Schützenmesse in der Kirche und Festakt in der Schützenhalle
14 Uhr Großer Festzug
Sonntag, 29. September 2024
14.30 Uhr Kinderkonzert „Detektiv Allegro“, Aula Schulzentrum Medebach