Das hier ist keine One-Man-Show

Weibliches Führungsteam im Unternehmen Kaiser & Waltermann

Neue Märkte erschließen, sich dem Fachkräftemangel stellen, den Bürokratiewust wuppen, die Digitalisierung vorantreiben und dabei den hohen Anforderungen in Sachen Nachhaltigkeit gerecht werden – die Herausforderungen, vor denen das Familienunternehmen Kaiser & Waltermann aus Sundern-Amecke steht, sind dieselben wie in anderen Unternehmen. Das Besondere: Die Geschäftsführung liegt in der Hand von Frauen – und zwar gleich von dreien. Nicht üblich in der männerdominierten Unternehmerwelt. Nur knapp jede dritte Führungskraft in Deutschland war 2021 laut Statistischem Bundesamt weiblich. Im südwestfälischen Mittelstand sieht es ähnlich aus. Läuft’s bei Kaiser & Waltermann deshalb anders, vielleicht besser?

Sicherlich heben wir uns durch die weibliche Geschäftsführung ab“, sagt Janina Koger (34). Gemeinsam mit ihrer Mutter Hildegard Waltermann-Koger (63) und mit Melanie Bende, geb. Kaiser, (41) leitet sie das mittelständische Familienunternehmen, das Rohrniete und Feinrohrteile v. a. für die Automobil- und Elektroindustrie produziert. „Aber wenn wir über weibliches Unternehmertum sprechen, müssen wir aufpassen, nicht in Stereotype zu verfallen. Was meint das schon: eine Frau?“

Welche Eigenschaften sind schon weiblich? Gute Frage.

Gemeinhin, auch in der Fachliteratur werden Frauen in beruflichen Kontexten ausgeprägte Empathie, Teamfähigkeit und Kommunikationsgeschick zugeschrieben, auch Fleiß, Angepasstheit und Zurückhaltung. Der Mann gilt als risikofreudiger, kampflustiger und selbstbewusster, wobei diese Charakterzüge mal biologisch, mal durch Sozialisation erklärt werden. Das Bild vom Unternehmer alter Schule. Realität? Bloßes Vorurteil? „Auch mein Vater, der 2022 aus der Geschäftsführung ausgestiegen und in Ruhestand gegangen ist, war immer sehr auf den Menschen und unser Team bedacht – vielleicht ist das eher eine Eigenschaft, die in der Familie liegt“, gibt Melanie Bende zu bedenken. „Was uns als Frauen sicherlich auszeichnet, ist unser Organisationstalent“, so Hildegard Waltermann-Koger. „Im Unternehmen braucht es Flexibilität und gute Ideen, wenn die hohen Anforderungen mal wieder den alltäglichen Plan sprengen.“ Hohe Flexibilität stellt vor allem Melanie Bende als Mutter zweier Teenager unter Beweis. Sie ist eine von wenigen Gesch.ftsführerinnen, die in Teilzeit arbeiten, und sie kennt die Herausforderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf nur zu gut.

Mutter und Karrierefrau – kein Gegensatz

Dass sich Karriere und Mutterschaft in dem Familienunternehmen nicht ausschließen, zeigt, dass sich hier der Arbeitsplatz nach dem Menschen richtet, nicht umgekehrt.„Wir sind ein Familienunternehmen durch und durch“, betont Hildegard Waltermann-Koger. Und das heißt nicht nur, dass die Geschäftsführung immer noch in den Händen der Gründerfamilien liegt, sondern eben auch, dass diese die private und familiäre Situation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennen und gerne berücksichtigen. Zugleich weiß Janina Koger: „Auch um in Zeiten des Fachkräftemangels junge Menschen zu gewinnen, werden gutes Arbeitsklima und m.glichst flexible Arbeitsplätze noch wichtiger.“ Nicht immer einfach. „Man muss sich als Frau in einer Führungsposition länger den Respekt erkämpfen“, schaut Hildegard Waltermann-Koger auf ihre über 40-jährige Laufbahn im Unternehmen zurück. Das bestätigt Melanie Bende, die in die Geschäftsführerinnen-Position in den letzten Jahren hineingewachsen ist und die das Unternehmen bereits aus Zeiten der Ferienarbeit kennt: „Unsere Mitarbeiter kannten uns teils schon als Kinder – da war es ein Prozess, in dieser Rolle ernst genommen zu werden.“ Zumal man auch als Frau den einen oder anderen derben Spruch, der in den Produktionshallen fällt, aushalten und kontern können muss.

Es zählt das Individuum

Auch wenn die Hürden auf dem Weg in Führungspositionen für Frauen vergleichsweise hoch sind: Eine Frauenquote lehnen die drei einstimmig ab – am Ende gehe es um die bessere Leistung, nicht um das Geschlecht. „Stattdessen sollten Strukturen geschaffen werden, damit mehr Frauen bereit sind, den Weg in eine Führungsposition zu gehen“, so Hildegard Waltermann-Koger. Das sei auch wichtig, weil diese anderen als Vorbilder dienen könnten, ergänzt die Tochter. Sich selbst nehmen die drei Frauen in ihrer geschäftsleitenden Position bei Kaiser & Waltermann dabei nicht so wichtig. Lieber weisen sie auf die Qualität ihrer Produkte hin, auf das Team des Familienunternehmens, in dem sie sich für Vertrauen und eine gute Arbeitsatmosphäre einsetzen, und das Lebenswerk ihrer Vorfahren, dem sie sich in ihrer Tätigkeit im besten Sinne verpflichtet fühlen, das sie innovativ in die Zukunft führen wollen. Dass sie durch ihr Wirken schaffen, was in vielen anderen Unternehmen noch nicht möglich scheint, damit wollen sie nicht werben. Statt Geschlecht oder geschlechtlicher Identität sehen sie das Individuum. „Wir wollen nicht abgehoben sein, sondern authentisch.“ Womöglich liegt auch in dieser persönlichen Bescheidenheit etwas zutiefst Weibliches.