Wie die Upländer Bauernmolkerei Tierwohl, Wirtschaftlichkeit, Klimaschutz und Genuss vereint
Usselner Unternehmen seit fast 30 Jahren Vorreiter in der Bio-Branche.
Es ist eine Vorstellung wie aus dem Bilderbuch: Glückliche Kühe grasen auf der Weide, fressen frisches, grünes Gras und geben die beste Milch! Bei der Upländer Bauernmolkerei ist es Realität. Es ist aber keine Geschichte für das Bilderbuch. Tierwohl, Arten- und Klimaschutz stehen bei der Molkerei an höchster Stelle. Die Kühe gehen so oft es geht auf die Weide, mindestens 120 Tage im Jahr für mindestens 6 Stunden. Weidehaltung erhöht den Omega-3-Gehalt der Milch – das schmeckt und das spürt man.
Vor fast 30 Jahren waren Bäuerinnen und Bauern, die ihre Höfe nach ökologischen Richtlinien bewirtschaften, auf der Suche nach einer Verarbeitungsstätte für ihre Milch. 16 Landwirte gründeten gemeinsam mit Umweltschützern, Privat- und Geschäftsleuten die Upländer Bauernmolkerei GmbH. Mit Unterstützung der Gemeinde Willingen und des Landes Hessen wurde die alte Usselner Molkerei – gebaut in den 60er Jahren in der damaligen Ortsrandlage – erworben und nach Renovierung und Instandsetzung im September 1996 wieder in Betrieb genommen.
Regionale und nachhaltige Produktion
Seit ihrer Gründung steht die Bauernmolkerei für eine regionale und nachhaltige Milchproduktion. Als erste Molkerei hat sie im Jahr 2005 Milch ohne Gentechnik gekennzeichnet. Ihr Ziel ist die Erzeugung gesunder Lebensmittel und die Erhaltung der natürlichen Ökosysteme. Mit dem Neubau des hochmodernen Produktionsgebäudes in 2021 setzt die Bauernmolkerei neben erneuerbaren Energien und nachhaltigen Baumaterialien auch auf nachhaltige Produktverpackungen, wie den Naturjoghurt im Mehrwegglas. Mit dem Neubau ist die Molkerei wieder in die Ortsrandlage von Usseln gezogen. Das imposante Gebäude ist mit viel Holz optisch passend in die Landschaft eingefügt worden. „Bis zu 60 Millionen Liter Milch pro Jahr können hier verarbeitet werden. Momentan liegen wir bei 45 Millionen Liter“, erklärt Geschäftsführer Tobias Kleinsorge.
Fast 100 Mitarbeitende in Produktion und Verwaltung
Heute sind es mehr als 100 Höfe, die ihre Milch nach Usseln liefern. Die Bio-Bauern halten die Mehrheitsanteile an der Molkerei. Jede und jeder hat eine Stimme – egal wie groß der eigene Hof ist. Das stärkt eine nachhaltige und bäuerliche Landwirtschaft. In Usseln wird die Bio-Weidemilch zu hochwertigen Bio-Weidemilchprodukten weiterverarbeitet. Durch die besonders schonende Verarbeitung und den Verzicht auf Konservierungsstoffe erhalten die Upländer Bio-Weidemilchprodukte ihre geschmackliche Qualität. „Nicht nur der Rohstoff ist wichtig für das Endprodukt, sondern auch unsere fast 100 Mitarbeitende, die in der Produktion und Verwaltung täglich im Einsatz sind. Viele von ihnen sind schon seit dem Beginn vor knapp 30 Jahren dabei“, erzählt Tobias Kleinsorge weiter.
Steigerung der Biodiversität
Die konsequente Weidehaltung trägt zur Biodiversität bei. „Das vielfältige Grünland bietet eine große Bandbreite an Lebensräumen für Insekten, Vögel und viele weitere Tier- und Pflanzenarten. Auf der Wiese grasen steht nicht nur für artgerechte Tierhaltung, sondern auch für Klimaschutz und Erhalt der Artenvielfalt, denn Weiden sind wichtige Biodiversitätshotspots“, erklärt Sven Lorenz, Vorsitzender der Milcherzeugergemeinschaft Nordhessen. Obwohl Grünland nur 20 Prozent der Landflächen in Deutschland ausmacht, leben dort 50 Prozent der Tier- und Pflanzenarten. Auch zum Klimaschutz kann die Weidehaltung einen Beitrag leisten. Sie regt das Graswachstum und die Wurzelbildung an – dies fördert den Humusaufbau und stärkt dadurch die CO₂-Bindung im Boden.
Tiergerechtigkeitsindex hat ganz besondere Bedeutung
Die strengen Richtlinien des Bioland-Verbandes sind oberstes Gebot bei den Usselner Landwirten. Da das Thema Tierwohl für die Molkerei eine ganz besondere Bedeutung hat, setzt sie bereits seit Anfang 2020 zusätzlich ein umfangreiches Beurteilungssystem, den sogenannten Tiergerechtheitsindex (kurz: TGI) ein. Der TGI ist ein Punkte-System, welches das Wohlbefinden der Tiere in den fünf wichtigsten Einflussbereichen bewertet, nämlich Bewegungsmöglichkeit, Sozialkontakt, Bodenbeschaffenheit, Licht und Luft (Stallklima) und Betreuungsqualität.
Upländer Milchmuhseum und Bioladen
Neben all der Ideale für die die „Upländer“ sich einsetzen, steht auch der Genuss hoch im Kurs. Im Gebäude der ehemaligen Usselner Molkerei in der Ortsmitte befindet sich neben dem Muhseum auch der Bioladen der Bauernmolkerei. Hauseigene Bio-Weidemilchprodukte und eine große Auswahl an regionalen und überregionalen Bio-Käsesorten in der Käsetheke werden ergänzt durch Wurst, Wein und weitere Erzeugnisse aus ökologischer Herstellung sowie eine kleine Auswahl an Geschenkartikeln. „Viele Kunden kommen in den Bioladen und zapfen sich hier direkt die Milch in ihre Flaschen. Nachhaltiger geht es kaum“, so Tobias Kleinsorge.
Milchmuhseum und Milchcafé: Historisches, Faszinierendes und Schmackhaftes rund um die Milch
In einem spannenden Rundgang durch das Milchmuhseum kann man mehr über die wechselhafte Geschichte der heutigen Molkerei, die moderne Milchverarbeitung und die Besonderheiten biologischer Land- und Milchwirtschaft. Ganz neu sind Audioführungen möglich. Mit den Audioguides wird der Besuch im Museum ein informatives und unterhaltsames Erlebnis. Nach dem Melken der Museumskuh schmeckt die Schokomilch, der leckere Kaffee, erfrischende Bio-Weidemilchgetränke, Eis, hausgemachte Kuchen oder Herzhaftes anschließend im Milchcafé doppelt so gut.
Infos
Neben dem Bioland Siegel tragen die Produkte das Gütesiegel „FairBio“. Die Upländer Bauernmolkerei ist die erste FairBio-zertifizierte Molkerei in Deutschland. Die Fair-Bio-Initiative entstand 2008, unter anderem durch Mitwirkung der Upländer Bauernmolkerei. Der Verein FairBio setzt sich für faire Wirtschafts- und Handelsbeziehungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette ein. Damit sollen regionales Wirtschaften und Fairness vor der eigenen Haustür gestärkt werden. 90 Prozent der Bio-Höfe liegen in einem Umkreis von 100 km um die Molkerei: das spart lange Transportwege und schont die Umwelt.
Text: Julia Kleinsorge
Fotos: Upländer Bauernmolkerei


