LANGEWIESE – DIE SCHÜTZENBRÜDER UND – SCHWESTERN FEIERN IM JULI GEBURTSTAG
LANGEWIESE – DAS DORF AUF DER LANGEN WIESE. GANZ SAUERLAND-UNTYPISCH HAT ES WENIGE STEIGUNGEN… WEIL ES MIT BIS ZU 723 HÖHENMETERN SCHON GANZ OBEN IST!
Mit seiner Südwest-Lage auf dem Rothaarkamm hat Langewiese sprichwörtlich den Platz an der Sonne und würde vermutlich in jedem Wettbewerb um schöne Aussichten ganz weit vorne liegen.
In diesem Jahr steht der Schützenverein Langewiese 1874 e.V. besonders im Mittelpunkt. Wer nachrechnet, hat schnell raus: das 150-jährige Bestehen wird gefeiert. Das machen die Langewieser am letzten Juli-Wochenende und gönnen sich zum Geburtstag einen Tag mehr Schützenfest.
Den Schützenverein Langewiese gibt es fast halb so lange wie das ganze Dorf, das mit aktuell 311 Jahren zu den jüngsten in der HEIMATLIEBE-Region gehört. Ähnlich alt sind die benachbarten Orte Neuastenberg, Hoheleye und Mollseifen, alle zusammen auch „Höhendörfer“ genannt. Sie wurden Anfang des 18. Jahrhunderts vom Grafen Casimir zu Sayn-Wittgenstein gegründet, um seine hochgelegene Grenze entlang von Winterberg wegen der ständigen Streitereien besser abzusichern. Flurnamen wie Zwistmühle, Streit oder Landwehr zeugen noch davon.
GEGRÜNDET VON GRAF SAYN-WITTGENSTEIN
Der Graf stellte es damals seinem Volk weitgehend frei, wer sich auf den kargen Höhen ansiedeln wollte. Vielleicht liegt es daran, dass die Langewieser immer schon etwas bunter gemischt waren als die meisten anderen Orte in der Region: Wittgensteiner, Sauerländer, Katholiken, Protestanten, Durchreisende, die sich hier niederließen – ein Schmelztiegel voller unterschiedlicher Menschen. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass Langewiese seit der Kommunalreform 1975 ein Stadtteil vom damals so ungeliebten Winterberg ist, vorher gehörte es zu Wittgenstein. Heute ist Langewiese ein aktives Dorf mit herrlicher Natur und tollen Panoramablicken, das nahe am Winterberger Touristenrummel und doch weit genug davon entfernt liegt. Der Rothaarsteig führt mitten hindurch, ganz frisch ist ein Radweg nach Winterberg fertig gestellt worden.
Doch zurück zum Schützenverein. Die Gründer von einst hätten sich vermutlich nicht träumen lassen, dass ihr Verein drei Kaiser, zwei Weltkriege, vier Reichspräsidenten und neun Bundeskanzler überdauern und 150 Jahre später immer noch bestehen würde – und dass der in der ersten Satzung von 1875 geschilderte Fest-Ablauf sogar noch deutliche Ähnlichkeiten mit der Festfolge von heute hat, auch wenn das Hochleben nach dem ersten Schuss nun nicht mehr „im Namen seiner Majestät, des allergnädigsten Kaisers“ geschieht. Die ersten 25 Jahre feierten die Langewieser ihre Schützenfeste in der Gastwirtschaft Gerke, dem heutigen Landgasthof Gilsbach, im Zelt. Um die Jahrhundertwende nahmen die Pläne für eine eigene Schützenhalle immer mehr Gestalt an. 1901 beschloss die Generalversammlung den Kauf eines Grundstückes für 90 Mark. Für 3.779,24 Mark konnte daraufhin die ersehnte Halle gebaut werden, in die bis heute sehr viel Herzblut, Eigenleistung und auch Geld fließt.
DAMENABTEILUNG UND GECKFEIERN
Dass die Langewieser – wie eingangs erwähnt – bunter gemischt sind, zeigt sich u.a. daran, dass sie bereits seit 1974 Frauen im Verein aufnehmen. Das gilt damals wie heute als Novum im Sauerländer Schützenwesen, zumal die Schützenschwestern nicht nur auf dem Papier geführt werden, sondern absolut gleichberechtigte Vereinsmitglieder sind und Vorstandsposten besetzen. Nachdem sie im ersten Jahr noch auf den Geck geschossen hatten, führten sie 1975 einen eigenen Damenpokal ein. In diesem Jahr feiern die Langewieser Schützenschwestern somit ihr 50-jähriges Bestehen: „Eine der besten Entscheidungen in unserer Geschichte“, sagen sowohl die Frauen als auch die Männer im Verein dazu. Bei knapp 380 Einwohnern gehören dem Schützenverein Langewiese im Jubiläumsjahr 429 Mitglieder an, davon 247 Männer, 177 Frauen und fünf Jungschützen.
Apropos Geck: Auch das ist etwas, was die Langewieser bunter macht. Ein Geckschießen ist an sich ja erst einmal nicht ungewöhnlich. In Langewiese ist der Geck neben seinem ernsthaften Amt als Vizekönig ansonsten eher ein Jeck – Ähnlichkeiten mit Karneval sind kein Zufall: Schon beim Antreten tragen die Schützinnen und Schützen abenteuerliche Accessoires zur Uniform. Ist der Geck erstmal am Boden, zeigt sich die ganze Kreativität und ein ungeheures Improvisationstalent der Langewieser: Anhand von Beruf oder Hobby des neuen Gecks wird flugs eine Verkleidung aus dem Boden gestampft und eine feucht-fröhliche Party mit anschließendem Geckzug gefeiert, die es in der Form bestimmt in keinem anderen Ort gibt. Seit 2022 klingt mit dieser Geckfeier der Montag in der Halle aus. Vorher haben es sowohl die jecken Schützen als auch die Musiker immer irgendwie geschafft, zum Festzug wieder fit zu sein. Musik – das ist das n.chste Stichwort: Denn auch sie gibt Anlass zum Feiern. Seit genau 40 Jahren sorgt die Stadtkapelle Concordia Hallenberg für den richtigen Ton und wird seit 25 Jahren sonntagnachmittags vom Tambourcorps Oberkirchen stimmungsvoll unterstützt. Aus der Verpflichtung als Festmusik und dem gemeinsamen Liegen beim legendären „Schubidubi“ auf der Tanzfläche hat sich über die Jahrzehnte eine Zusammenarbeit und Freundschaft entwickelt, die gegenseitig so manche Lebensabschnitte begleitet hat und sich nicht nur auf drei Tage Schützenfest beschränkt. Sogar eine Hochzeit und einen Geckkönig aus Hallenberg hat es bereits gegeben. Man sieht: Es gibt eine Menge guter Gründe, vom 26. bis 29. Juli kr.ftig Geburtstag zu feiern und auf die kommenden 150 Jahre des Schützenvereins Langewiese 1874 e.V. anzustoßen. Das vollgepackte Programm bietet u.a. am Freitagabend um 22 Uhr einen Großen Zapfenstreich, in der Samstagnacht den „Mondscheinwalzer“ mit Feuerwerk und sonntags um 14 Uhr einen prunkvollen Festzug mit den neuen Majestäten, die ab Samstagvormittag ermittelt werden, und zahlreichen Gastvereinen.
Text: Rita Maurer