KANN MAN DEN FRÜHLING IN ZAHLEN BESCHREIBEN?
In unserem Alltag schwirren uns ständig Zahlen um die Augen – im Büro, auf der Arbeit, bei den eigenen Finanzen, den Lottozahlen oder der Entwicklung unserer Gesellschaft. Alles wird in Zahlen gepackt, und in Zukunft wird die künstliche Intelligenz versuchen, unsere gesamte Welt mithilfe von Zahlen zu beschreiben
Wie erholsam ist dann ein Gang nach draußen in die Natur – alles ist so wenig digital, alles entwickelt sich gefühlt nach eigenen Gesetzen und ohne, dass man diese mit Statistik und Mathematik beschreiben kann. Auch das Wetter im Allgemeinen gehört dazu, denn es folgt einem chaotischen Prinzip. Selbst noch so fortschrittliche KI wird es in Zukunft kaum schaffen, unser Wetter wesentlich besser vorherzusagen, als dies derzeit der Fall ist.
Wenn man sich aber so tagtäglich mit Wetter und Klima beschäftigt, so fällt eine statistische Größe auf, die versucht, das Erwachen von Bäumen und Wiesen aus dem Winterschlaf zu beschreiben – und tatsächlich schafft es diese Zahl auch sehr gut. Die Rede ist von der soge- nannten „Grünlandtemperatursumme (GTS)“. Ein extrem kompliziertes Wort, hinter dem Folgendes verborgen ist: Es geht darum vorherzusagen, wann im Frühjahr die Wiesen grün werden und wann die Laubbäume ihre Blätter bekommen. Diese beiden Ereignisse treten laut der Berechnung auf, wenn die GTS mehr als 200 Grad im Falle der grünen Wiesen und mehr als 600 Grad im Falle der belaubten Bäume erreicht.
Wie kommt man nun auf diese Gradzahlen? Um absolute Werte wird es sich ja kaum handeln. Tatsächlich nimmt sich diese Berechnung der mittleren positiven Temperaturen eines jeweiligen Tages an und addiert diese ab dem 1. Januar. Dabei wird allerdings beachtet, dass sich die Natur im Januar und auch noch im Februar in einer Art Ruheschlaf befindet und daher warme Tage nicht in gleichem Maße zu werten sind wie ab März. Daher werden die positiven Tagesmittel im Januar mit 0,5 Grad multipliziert, im Februar mit 0,75 Grad und ab März wird dann der volle und reale Wert genommen.
Das erste Mal Rasenmähen, das erste Mal durch einen grünen Buchenwald gehen? Dafür gibt es im Sauerland seit vielen Jahrzehnten fest eingebrannte Daten. Rasenmähen vor Ostern kommt zumindest in den höheren Lagen im Grunde nicht vorgrüner Buchenwald bei der Maiwanderung – eher selten. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich diese Daten nach vorne geschoben. Das Jahr 2024 war in dieser Hinsicht außergewöhnlich. Wie auch im Diagramm zu erkennen, erreichte die GTS am Kahlen Asten am 31. März erstmals 200 Grad. Grünes Gras also selbst in unseren höchsten Lagen noch vor dem Aprilstart – da hat so mancher mit großen Augen geschaut.
Die Maiwanderung verlief dann oberhalb von 600 m doch noch meist durch eher blattlose Wälder – die zweite April- hälfte mit kalten Nachttemperaturen versetzte die Natur dann doch nochmal in einen vorübergehenden Winterschlaf – schauen wir mal, was uns 2025 bringt.
Text: Julian Pape Fotos: Rita Maurer, Privat