GESUNDES AUS DER NATUR
MANCH ÜBERLIEFERTES HAUSMITTEL AUF BASIS VON HEILPFLANZEN SOLL DIE SELBSTHEILUNGSKRÄFTE STÄRKEN. BEIM STREIFZUG DURCH DIE NATUR SIND VIELE DIESER PFLANZEN ZU FINDEN. ERFAHREN SIE, WIE SICH DIESE ANWENDEN LASSEN.
Haben Sie schon einmal die jungen Blätter der Sommerlinde gekostet? Kennen Sie die heilende Wirkung des Beinwells? Oder haben Sie die mögliche Heilkraft des Schöllkrauts gegen Warzen erfahren?
Wohl nicht gegen jede Krankheit ist ein Kraut gewachsen. Doch Zubereitungen aus Pflanzen und Pflanzenteilen wie Blättern, Blüten, Früchten oder Wurzeln können Beschwerden oftmals lindern helfen. In der Medizin zählen Therapieverfahren aus der Pflanzenheilkunde zu den ältesten Behandlungsmethoden. Sie setzen auf pflanzliche Inhaltsstoffe wie bestimmte ätherische Öle, Antioxidantien, Säuren, Vitamine, Gerb-, Bitter- oder Schleimstoffe, die erwiesenermaßen die Selbstheilungskräfte des Körpers anregen.
Daneben spielt aus der Volksheilkunde überliefertes Wissen über Krankheiten und deren Behandlung in Form von alten Hausmitteln für die Selbstbehandlung eine Rolle. Deren Wirkung allerdings ist wissenschaftlich oft nicht belegt. Phytotherapeutin Katharina Hinze aus Enger im Kreis Herford kennt sich aus. Die 62-jährige Heilpraktikerin leitet unter anderem Heil- und Wildkräuterkurse im Raum Ostwestfalen-Lippe. Im Mai nahm sie uns mit auf eine Heilkräutertour an der Werburg in Spenge.
DIE LINDERNDE LINDE
Gleich am Parkplatz zur Werburg steht eine Sommerlinde. Ihre frischen jungen herzförmigen Blätter schmecken mild wie Kopfsalat und setzen bei längerem Kauen Schleimstoffe frei. „Diese lindern Beschwerden eines rauen Halses und sind gut für Stimmbänder und Kehlkopf“, sagt Katharina Hinze. Angewendet werden jedoch vor allem die Blüten der Linde als schweißtreibender Tee bei Erkältungskrankheiten und Husten. „Die Blüten beinhalten Flavonoide, die gegen freie Radikale in den Zellen wirken“, erklärt die Phytotherapeutin. Enthalten sind neben Schleimstoffen vor allem ätherische Öle und Gerbstoffe.

Verwendet werden die Blüten der Sommerlinde (Tilia platyphyllos) oder der Winterlinde (Tilia cordata). Die Hauptblütezeit der Bäume liegt im Juni. Die Sommerlinde blüht etwa 14 Tage vor der Winterlinde. „Der Blütenstand sitzt an einem langen Hochblatt, das mitgepflückt werden sollte“, erklärt Katharina Hinze. Optimaler Erntezeitpunkt ist, wenn ein Teil der Blüten noch knospig ist.
Lindenblüten lassen sich frisch oder getrocknet zu Tee verwerten (siehe „Rezept für Tees“). Zum Trocknen werden die frischen Blütenstände am besten auf ein Tuch liegend an einem möglichst warmen, luftigen Ort ausgebreitet. Aufbewahrt werden sie anschließend in einem dunklen, luftdichten Glas.
STINKENDER STORCHSCHNABEL
Der Stinkende Storchschnabel (Geranium robertianum) bevorzugt schattige und feuchte Standorte wie Waldränder. Verwendet werden vom Ruprechtskraut, wie das Kraut im Volksmund heißt, die tief eingeschnittenen Blätter mit Stängel und die zartrosa bis purpurfarbenen Blüten. Es lässt sich in Bündeln trocknen oder frisch verwenden. Die beste Zeit zum Sammeln ist ab April/Mai bis in den September.

Das Kraut aus der Familie der Geraniengewächse ist reich an Gerbstoffen, Tanninen und ätherischen Ölen mit unangenehmem Geruch. In der Volksheilkunde hatten Zubereitungen aus dem Kraut eine gewisse Bedeutung bei der Behandlung von Verdauungsbeschwerden und schlecht heilenden Wunden. Katharina Hinze stellt aus dem Kraut auch gerne eine Tinktur her (siehe „Tinkturen“). Der alkoholische Auszug lasse sich tröpfchenweise zur Nervenregulation einsetzen. „Bei spontan krankmachenden Seelenzuständen, wie Liebeskummer oder Schockzuständen, soll die Tinktur die Nerven beruhigen“, berichtet die Kräuterexpertin. Als Dosierung empfiehlt Katharina Hinze, drei bis fünf Tropfen stündlich auf die Zunge zu geben.
SCHÖLLKRAUT GEGEN WARZEN
Das Schöllkraut mit lateinischem Namen ‚Chelidoniummajus‘ gehört zur Familie der Mohngewächse. Die Pflanze blüht von Mai bis Oktober mit vier gelben Blütenblättern. Schöllkraut enthält zahlreiche Alkaloide und ist giftig. Seine Inhaltsstoffe sind leberschädigend, wenn sie in den Körper gelangen. Werden Pflanzenteile verschluckt, führt dies unter anderem zu schweren Reizungen im Magen-Darm-Trakt.

Dennoch findet Schöllkraut als altes „Hausmittel“ seine Verwendung. Aus dem gepflückten Stil tritt ein gelborangener Pflanzensaft aus, der in der Volksheilkunde als altbewährtes Mittel gegen Warzen eingesetzt wurde. „Die betroffene Hautstelle sollte etwa dreimal täglich mit frischem Saft betupft werden“, sagt Katharina Hinze und räumt ein: „Ob diese Art der Behandlung wirkt, ist jedoch individuell unterschiedlich.“ Der Saft ist hautreizend und soll das Zellwachstum der Warze hemmen.
BEINWELL NUR ÄUSSERLICH
Beinwell (Symphytum officinale) ist eine alte Heilpflanze, die schmerzlindernd, entzündungshemmend, wundheilend und durchblutungsfördernd wirkt. „Insbesondere das in der Wurzel enthaltene Allantoin hat eine zellneubildende Wirkung“, erklärt Katharina Hinze. Aufgrund der enthaltenen Alkaloide ist Beinwell schwach giftig und darf nicht über den Mund eingenommen werden. Bewährt hat sich jedoch die äußere Anwendung in Form von Salben mit Inhaltsstoffen aus der Wurzel, etwa zur Behandlung von Knochenbrüchen, Verstauchungen oder sonstigen Muskel- und Sehnenbeschwerden.

Katharina Hinze erntet dazu im Herbst die faustdicken Wurzeln. „Diese schneide ich in 0,5 cm dicke Scheiben, fädele sie mit Abstand auf einen Faden und lasse die Wurzelscheiben aufgehängt an einem warmen, luftigen Ort trocknen.“ Die trockenen Wurzelchips füllt sie anschließend bis zur Hälfte in ein Schraubglas, das sie vollständig mit Olivenöl auffüllt und verschließt. „Einmal täglich muss das Glas geschwenkt werden, bevor ich den Ölauszug nach etwa drei bis vier Wochen durch ein Baumwolltuch abseihe“, erklärt die Kräuterexpertin. Für eine Salbe gibt sie 100 ml des Beinwellölauszugs, 5 g Bienenwachs und 7 g Sheabutter in ein Gefäß und schmilzt alles im Wasserbad. Dann füllt sie die Beinwellsalbe in Salbentöpfchen. Bis zum Erstarren und Verschrauben deckt sie diese mit einem Tuch ab. Zum Schluss wird der Deckel mit Inhaltsangabe und Herstellungsdatum beschriftet. „Im Kühlschrank aufbewahrt, hält sich die Salbe dann ein Jahr lang“, sagt Katharina Hinze.