EIN STILLER RUHEPOL SEIT 300 JAHREN
1725 IST DIE KREUZBERGKAPELLE IN HALLENBERG GESTIFTET WORDEN
Der Kreuzberg in Hallenberg ist mit seinen 551 Metern ü.M. nicht der höchste Berg der Stadt, aber vermutlich derjenige mit der größten Anziehungskraft. Für Einheimische und Gäste ist er in allen Jahreszeiten ein beliebtes Ziel, um die unvergleichliche Aussicht auf Hallenberg zu genießen, das sich halb um den Berg herumzieht. Im Herbst ragt der Kreuzberg oft aus dem Nebelmeer im Tal heraus und bietet fantastische Ausblicke.
Diese besondere Anziehungskraft hat der Kreuzberg offensichtlich schon seit Jahrhunderten auf die Menschen ausgeübt. Denn im Jahr 1725 stifteten die Brüder Johann Jakob und Johann David Mörchen ihrer Heimatstadt eine Kapelle auf diesem Berg – die Kreuzbergkapelle, die damit in diesem Jahr ihr 300-jähriges Bestehen feiern kann. Die beiden Brüder waren Vikar und Pastor in Hallenberg und gehörten dem Orden des Hl. Franziskus an.
In der Chronik von Franz Lachemeyer, die dieser 1847 verfasst hat und die als Basis der geschriebenen Stadtgeschichte Hallenbergs gilt, ist festgehalten, dass es schon in früheren Zeiten ein kleines Gotteshäuschen mit dem Namen „Kreuzbergskapelle“ gegeben hatte – vielleicht, weil man von ihrem Ort hinter dem Burgplatz direkt zum Kreuzberg blicken konnte. Es heißt, dass an dieser Stelle hinter der Burgmauer früher die Pesttoten beerdigt wurden. Diese Kapelle wurde abgebrochen und an ihrer Stelle 1722 die heute noch bestehende 14-Nothelfer-Kapelle errichtet, nach der auch die vorbeiführende Straße benannt ist. Es ist also aufgrund der zeitlichen Nähe gut möglich, dass der Abbruch des alten Gebäudes den allgemeinen Wunsch nach einer neuen Kapelle auf dem eigentlichen Kreuzberg gefördert hat, die dann drei Jahre später auch realisiert wurde.



Wer den steilen Weg aus der Stadt auf den Kreuzberg kennt, bekommt eine Ahnung, unter welchen Strapazen die Kapelle gebaut worden ist und wie wichtig sie den Hallenbergern offensichtlich war. Lachemeyer schreibt, dass „Jünglinge und Jungfrauen, Kinder und Dienstboten, Vorgesetzte und Untergebene, Arme und Reiche, alle trugen die zum Bau erforderlichen Materialien, Steine p.p. auf den Berg, unentgeltlich als fromme Gelübde“. Der kleine Innenraum mit seiner hölzernen Ausstattung ist von anrührender Schlichtheit. Blickfang ist der Rokoko-Altar, in den statt eines Tabernakels ein Fenster eingebaut, durch das Hallenberg im Tal zu sehen ist, die kleine Eingangstür mit der Jahreszahl „1725“ darüber sowie die stuckverzierte Decke mit den fünf Wundmalen.
Die Glocke im Türmchen der Kreuzbergkapelle ist 1844 aus dem Material der früheren Uhrenglocke aus dem Unter- oder „Nikolai“-tor gegossen worden. Bis zu seinem Abriss 1811 war dieses Tor Teil der Stadtmauer, beinhaltete Arrestzellen und befand sich auf Höhe des heutigen Gebäudes „Nikoläum“ gegenüber der Unterkirche.
DER KREUZWEG WIRD 150 JAHRE ALT
Nicht allzu lange nach dem Bau der Kapelle wurde 1739 der erste Kreuzweg auf den Berg errichtet, der in seiner ursprünglichen Form nicht mehr erhalten ist. 1875 ließen die Hallenberger für die beachtliche Summe von 3.542,10 Mark einen neuen Kreuzweg errichten, dessen 12. Station die Kreuzbergkapelle ist und der mit einer kleinen, aber sehenswerten Heilig-Grab-Kapelle einige Schritte weiter endet. Dieser Kreuzweg besteht also genau 150 Jahre. Die einzelnen Stationen werden seit Jahrzehnten von Patenfamilien gepflegt und vor allem vor der Karwoche liebevoll bepflanzt.
1956 wurde gegenüber dem Kapelleneingang ein imposantes Ehrenmal mit einem hohen Kreuz für die Opfer der Weltkriege errichtet.
Schon bei Lachemeyer ist von mehreren Prozessionen im Jahr die Rede, darunter die Prozession auf Christi Himmelfahrt. Sie hatte bis zum Beginn der Corona-Pandemie vor fünf Jahren Tradition, seitdem findet an diesem Tag ein Gottesdienst neben der Kapelle statt.
Mit den Prozessionen verbindet sich eine Anekdote: In den 1960er Jahren legten einige findige Hallenberger die „Himmelsleiter“ an; einen schmalen, steilen Weg auf alten Hütepfaden, der stracks den Kreuzberg hinaufführt – und bei Prozessionen auch deutlich schneller als der Rest der Gemeinde wieder hinunter. Praktischerweise befand sich früher eine Kneipe am Fuß der Himmelsleiter, in der man sich noch ruckzuck ein geistiges Getränk zuführen konnte und dennoch gleichzeitig mit der eigentlichen Prozession wieder in der Pfarrkirche ankam. Die Himmelsleiter ist ab dem Ende der Straße „Urberg“ ausgeschildert und endet kurz vor der Kapelle. Unterwegs hat man eine herrliche Aussicht auf Hallenberg, das Weifetal und den Heidekopf.
Jahrzehntelang war die Kreuzbergkapelle von Hallenberg aus kaum zu sehen, weil sie hinter hohen Bäumen verborgen lag. Anfang 2007 rissen die Stürme Kyrill und Xynthia die Fichten am nordwestlichen Berghang Richtung Altstadt um. Ab 2018 sorgten dann ausbleibender Regen und Borkenkäfer dafür, dass der Kreuzberg fast komplett kahlgeschlagen werden musste. Der in 2007 betroffene Teil ist aktuell der grünste Bereich.
Die SGV-Abteilung Hallenberg legte 2017 mit viel körperlichem Einsatz eine mehr als 300 Meter lange Stromverbindung in den steilen Berghang zur Kapelle, so dass sie seitdem abends angestrahlt werden kann und in der Advents- und Weihnachtszeit ein Christbaum hoch über Hallenberg leuchtet.
2020, als wegen der Corona-Pandemie die Hallenberger Osternacht ausfallen musste, erstrahlten um Mitternacht die drei Kreuze als eindrucksvolle Symbole dieser jahrhundertealten Tradition weithin sichtbar vor der Kapelle und sorgten für Gänsehaut-Atmosphäre.



VERSCHIEDENE ANLÄSSE IM JUBILÄUMSJAHR
In all diesen Jahren war die Kreuzbergkapelle ein ebenso stetiger wie stiller Begleiter der Hallenberger Bürger. Deshalb passt es sehr gut, dass das Jubiläums-Jahr nicht mit einer rauschenden Party, sondern eher ruhigen Anlässen gefeiert wird. Auf Palmsonntag gab es eine Meditation. Auf Christi Himmelfahrt am 29. Mai ist im Anschluss an den Gottesdienst auf dem Kreuzberg in Begleitung der Stadtkapelle ein Beisammensein geplant.
Am ersten Juli-Samstag, 5. Juli 2025, veranstaltet die kfd Hallenberg traditionell um 8.30 Uhr eine Messe mit anschließendem Frühstück für alle kfd-Gemeinschaften in der Region. Und eventuell wird es am zweiten September-Wochenende von der Kirchengemeinde Hallenberg aus einen Abschluss geben: genaue Planungen werden rechtzeitig bekannt gegeben.



INFOS
Die Kreuzbergkapelle hat von ihrem exponierten Platz hoch über der Stadt so manches historische Ereignis in und um Hallenberg miterlebt:
1717 und damit kurz vor ihrem Bau findet der letzte Hexenprozess auf dem Marktplatz statt.
1746 wird der Burschenverein zum ersten Mal erwähnt, der sicherlich tatkräftig zum Bau beigetragen hat.
1816 wird Hallenberg nach 14 Jahren unter hessischer Regierung dem Königreich Preußen zugeordnet.
1827 gründet sich die Schützengesellschaft. Der bereits erwähnte Stadtchronist Franz Lachemeyer war Gründungsmitglied und auch der erste Schützenkönig.
1831 wird am Fuß des Kreuzbergs ein neues städtisches Brauhaus gebaut.
1833 Die Ruhrstraße und heutige B236 wird gebaut.
1843 wird das Schulgebäude und damit das heutige Rathaus errichtet.
1883 fällt ein Drittel der Stadt einem verheerenden Stadtbrand zum Opfer.
1908 Hallenberg wird ans Eisenbahn-Netz angeschlossen.
1938 brennt auch in Hallenberg die Synagoge. 1942 wurden die letzten jüdischen Mitbürger deportiert. Ende März 1945 marschierten amerikanische Soldaten in die Stadt ein.
2007 Die Stürme Kyrill und Xynthia zerstören einen Teil des Waldes am Kreuzberg.
2013 Das 170 Jahre alte Rathaus brennt.
2018 Aufgrund der Trockenheit breiten sich Borkenkäfer aus und befallen die Fichten, die nach und nach komplett gefällt werden müssen.
2020 Durch die Lockdowns der Corona-Pandemie sind deutlich mehr Wanderer unterwegs – auch am Kreuzberg.
Der Kreuzberg mit seiner Kapelle und der herrlichen Aussicht war und ist über die Jahrhunderte bis heute ein Anziehungs- und Ruhepunkt für viele Bürger und Wanderer. Von Hallenberg aus ist sie nur zu Fuß über besagten steilen Waldweg zu erreichen. Von der rückwärtigen Seite aus Richtung Bromskirchen führt ein knapp ein Kilometer langer, einspurig befahrbarer Feldweg zur Kapelle hin. Der Wanderweg H4 verläuft über den Rücken des Kreuzbergs.
Text: Rita Maurer Fotos: Rita Maurer