EIN BISSCHEN BULLERBÜ IM SAUERLAND
BERGE IST DAS KLEINSTE DORF VON MEDEBACH – FÜR SEINE BEWOHNER ABER DAS GRÖßTE!
Berge – Wetten, dass gerade sogar mancher Einheimischer überlegen muss, wie man dort hinkommt? Das Dörfchen Berge direkt an der hessischen Grenze ist mit seinen aktuell 129 Einwohnern der kleinste Stadtteil von Medebach – und der zweitälteste, denn in zwei Jahren steht der 900. Geburtstag an.
In Berge ist im positiven Sinne ein bisschen die Zeit stehen geblieben. Das Dorf ist wie ein großer Abenteuerspielplatz für Kinder, kaum Verkehr, Bauernhöfe direkt an der Straße, Naturschutzgebiete rundherum. Kleine, große und tierische Einwohner können ungefährdet durch den ganzen Ort laufen, denn jeder kennt jeden. Berge erinnert spontan ein bisschen an Bullerbü. Zugegeben: Kindergarten, Schule, Geschäfte, Kneipen, Bus – all das gibt es nicht (mehr). Aber vielleicht ist genau das ein Stückweit der Reiz und macht die Berger zu einer verschworenen Gemeinschaft. Mit zum Ort gehört außerdem noch der Weiler Ronninghausen mit seinen drei Höfen.
Was Berge reichlich hat, sind Natur und Wanderwege. Der Medebacher Bergweg, der Sauerland Höhenflug, der Wanderweg der Deutschen Einheit – sie alle führen hier entlang. Außerdem gibt es vier Rundwanderwege, z.B. den Wanderweg der Sprüche und Weisheiten (B3) oder den Wanderweg des Deutschen Volksliedes (B2). Einen Besuch wert ist auch die St. Johannes-Kirche mitten im Dorf und der 850 Meter lange, barrierefreie Pilgerweg.
So klein Berge auch ist – es lässt sich nicht auf nur vier Seiten zusammenfassen. Deshalb haben wir einige Punkte herausgepickt:
NEUES DORFGEMEINSCHAFTSHAUS
Für Außenstehende sind es nur ein paar schmucke Wände mit Dach, für die Berger ist es ein Zeichen für echten Zusammenhalt: das neue Dorfgemeinschaftshaus. An dieser Stelle neben der Schützenhalle und gegenüber der alten Feuerwehrgarage stand weit über 100 Jahre die alte Dorfschule. Sie war sehr baufällig geworden; gleichzeitig mussten in der benachbarten Schützenhalle dringend die sanitären Anlagen renoviert werden. Noch kritischer sah es gegenüber für das Feuerwehrhaus aus, das viel zu klein geworden war und sicherheitskritische Mängel aufwies. Was tun? Anstatt dass nun jeder Verein sein eigenes Süppchen kochte, taten sich alle zusammen und verwirklichten die Idee, die alte Schule abzureißen und an deren Stelle eine moderne Feuerwehr-Fahrzeughalle mit einem weiteren Raum zu bauen, der neben Feuerwehr-Schulungen vom ganzen Dorf als Gemeinschaftsraum genutzt werden kann. Zudem wurden die Sanitärräume der Schützenhalle erneuert und an das neue Gebäude angebunden, so dass dieser Kostenfaktor dort eingespart werden konnte. Die Berger erbrachten tausende Stunden an Eigenleistung und haben nun seit Sommer 2021 ein perfektes neues Wohnzimmer.
Eine neue Lösung ist für den Schwanenteich gefunden worden. Was so idyllisch klingt, war viele Jahre ein Ärgernis, besonders im Sommer. Dann kippte der aus dem Bach Dribe aufgestaute und verwilderte Teich und sorgte für üble Gerüche. Mit Fördermitteln ist dieser Teich nun ausgebaggert und verfüllt worden, der Bachlauf wurde neu modelliert. Zusammen mit einer rustikalen Hütte zum Rasten und Feiern sowie einer Matschanlage für Kinder ist ein schöner Treffpunkt für das Dorf entstanden.
ERLEBNISSCHEUNE FÜR KLEINE UND GROßE GÄSTE
Ein großes Aushängeschild für Berge ist die „Erlebnisscheune“ der Familie Sauerwald direkt gegenüber der Kirche. Aus der alten Scheune und ihren nostalgischen Geräten machte sie erst ein Museum, dann eine Erlebniswelt, in der Kindern, aber auch Erwachsenen das landwirtschaftliche Leben und viele Tierarten mit spielerischen Aktionen näher gebracht wird. Vor Kindergeburtstagsfeiern brauchen Eltern sich nicht mehr gruseln, denn die Erlebnisscheune hat ein tolles Programm mit vielen verschiedenen Themen-Geburtstagen. Es lohnt sich absolut, mal im Internet – oder persönlich – vorbeizuschauen, vielleicht findet sich auch die ein oder andere Idee für die Sommerferien.
BACK- UND WEINFEST
Zu einem richtigen Bullerbü-Dorf gehört auch das Feiern – und das können die Berger! Das Schützenfest hat bereits Anfang Juni stattgefunden. Im August stehen jetzt das Backfest und das Weinfest auf dem Plan. Am Samstag, 10. August 2024, wird wieder der historische Steinofen im aufwändig renovierten Backhaus der St. Johannes-Schützen angestocht, um Brot, Kuchen und Pizza zu backen. Ab 13 Uhr sind diese Köstlichkeiten mit den passenden Kalt- und Heißgetränken erhältlich – erfahrungsgemäß wird bis tief in die Nacht auf die Backerfolge angestoßen!
Zwei Wochen später, am 24. August 2024, wird wieder angestoßen, dann beim Weinfest! Wein im bieraffinen Sauerland ist ja eigentlich eher ungewöhnlich. Die Berger beweisen schon seit Jahren, dass es funktioniert. Organisiert wird dasWeinfest vom BRC, dem „Berger Residenz-Club“. Wer guten Wein direkt vom Winzer mag und/oder probieren möchte, ist herzlich nach Berge eingeladen!
Ok, Weinfest ist damit klar, aber „Berger Residenz-Club“? „Wir fahren in die Residenz“, sagte seinerzeit Busfahrer Müller spaßeshalber, wenn er die Schulkinder nach Berge chauffierte. Diesen Namen griff die Dorfjugend 1971 auf und gründete den „Berger Residenz-Club“, kurz BRC. Er ist seitdem aus dem Dorfleben nicht mehr wegzudenken, organisiert Veranstaltungen mit originellen Ideen und hält Traditionen aufrecht, die sonst sicher längst vergessen wären. Im Dezember 2023 wurde der BRC für sein generationsübergreifendes Engagement mit dem ersten Platz beim NRW-Heimatpreis und 3.000 Euro ausgezeichnet.
BERGE BEWEGT
„Berge bewegt“ – so heißt der neue Förderverein, der aus dem ehemaligen Verkehrsverein hervorgegangen ist. Der Name ist nicht nur eine Floskel, es bewegt sich wirklich was: Im März gab es zum zweiten Mal in Kooperation mit dem Jugendverein BRC eine Osterrallye, bei der Buchstaben-Eier versteckt und die Lösungen am Osterfeuer ausgezeichnet wurden. Am 1. Mai sind die Einwohner zusammen gewandert – und sind schon auf weitere Ideen gespannt! Denn eins ist offensichtlich: „Berge bewegt“!






Text: Rita Maurer Fotos: Rita Maurer