EGAL, WAS KOMMT
„STELL DIR VOR WIE SCHÖN ES WÄR DU GEHST HEUT MIT UNS RAUS DER STRESS KANN UNS MAL KREUZ UND QUER WIR TANKEN EINMAL AUF IM LAND DER TAUSEND BERGE IM GRÜNEN PARADIES BEKANNT WIE 7 ZWERGE VIEL SCHÖNER ALS PARIS.“
Ein bisschen „Freude, schöner Götterfunken“, ein hochgradig partykompatibler Refrain und ein großartiger Text: Seit kurzem feiert das Sauerland seine neue Hymne. Sie stammt aus der Feder des genialen Duos Uli Sprenger und Bernie Würden, zwei ausgebufften Haudegen, die in der Musikszene des Sauerlandes so fest verwurzelt sind wie Robin im Hood und Bert in der Sesamstraße.

„Alles begann durch den Ansporn der Reporterin Julia Dünnebacke“, erläutert Uli, während wir mit seinem Forstauto zum spontanen Fotoshooting fahren, auf 510m über NN und mit wunderbarer Aussicht auf die Gemeinde Finnentrop. Der Wagen wackelt, der Himmel ist blau und Uli verspricht einen wundervollen Sonnenuntergang.
Mitmusiker Bernie ist erkrankt, ebenso Fotografin Gaby – die halbe Welt liegt flach, aber morgen ist Deadline. Wir machen das Beste draus. Während Uli gekonnt posiert, liegt ihm das Sauerland zu Füßen.
Er führt weiter aus: „Julia und ich sprachen seinerzeit für eine kleine Reportage über meine bewegte musikalische Karriere, mit Fux, der ZDF-Hitparade, all den Promis, die ich treffen durfte und den wahnwitzigen Tourneen, die ich mit Bernd Klüser und den anderen Jungs erlebt habe. Als neues kreatives Ziel schlug Julia mir vor, doch mal eine Ode an das Sauerland zu komponieren. Nicht, dass sie den unsterblichen Klassiker von „ZOFF“ plötzlich out fand, aber die Idee fanden wir dann doch ziemlich reizvoll – Spontan sagte ich zu. Was hatte ich da nur getan?“ Die Wette galt.
Doch wer Uli Sprenger kennt, weiß, dass er um keine Zeile verlegen ist. Der Text war schnell geschrieben, und mit dem Komponieren kennt er sich ohnehin sehr gut aus. Wer kennt ihn nicht, den FUX Ohrwurm „Überdosis Glück“, der in den Achtzigern rauf und runter ratterte und das Sauerland plötzlich ins Visier der internationalen Popmusikszene rückte? Uli hat sich nie darauf ausgeruht, sondern sich immer neue Ziele gesetzt. Während wir, durchgefroren vom frostig-kalten Vorfrühling, bergab zu seiner kreativen Klause ruckeln, erweist er sich als wahre Enzyklopädie der Musikgeschichte. Querverweise, Anekdoten, ein verschmitztes Lächeln – am Steuer sitzen 67 Jahre Kreativität. Während andere in diesem Alter längst die Asche anbeten, entzündet Uli ständig neue Flammen, ist hellwach und
sehr gut bei Laune.
„Wir wollen mit unserem Song nicht ZOFF Konkurrenz machen – im Gegenteil nur ergänzen, denn ich bin mit der Band und Reiner Hänsch gut befreundet – im Herbst gibt´s vielleicht sogar wie damals eine gemeinsame Sauerland LIVE Tour im feierlichen Retro-Stil. Gute, handgemachte Sounds.“
„Durch Wiesen und
durch Felder ich
atme ganz tief ein
den Duft der weiten Wälder hier sind wir
frei und fühlen uns
daheim.“
Die Digitalisierung dagegen geht auch an Uli nicht spurlos vorbei: „Die Sozialen Medien und jetzt die Künstliche Intelligenz haben das Musikbusiness, wie es mal war, arg in die Knie gezwungen. Unerfahrene Plattentypen von gerade mal 20, 30 Jahren schauen sich auf YouTube an, welche Künstler im Trend liegen, speisen sie mit ein paar tausend Euro ab und verwursten ihre Ambitionen. Und kann man heute noch so gerade eben raushören, ob ein Lied künstlich erzeugt wurde oder menschengemacht ist, wird das schon in wenigen Jahren nicht mehr möglich sein.“
Im Tal angekommen, zeigt mir Uli seinen kreativen Rückzugsort. Hier erzählt er mir von laufenden Projekten. Unter anderem gestaltet er gerade in den heiligen Producer Hallen des weltberühmten Chameleon Soundstudios ein großartiges, rockiges Musikprojekt, gemeinsam mit Chris Harms, Sänger der..Sänger der Eurovision Song Contest 2023 – Teilnehmer „Lord Of The Lost“ und sucht für einen weiteren Musiker gerade sehr aktiv eine Plattenfirma.
Ein Projekt mit den Grevenbrückern „Teller bunte Knete“ ist ebenfalls in der Pipeline – Langeweile ist ein Fremdwort. Aus den Boxen wummert nun erstmals das neue Sauerland – Lied. Es trägt den Titel „Egal, was kommt“ und erschließt sich mir sofort, während Ulis Füße beherzt mitwippen.
„Egal was kommt in dieser Welt. auch wenn der Mond vom Himmel fällt
die tausend Berge bleiben steh’n Egal was kommt im Sauerland – wo man den wahren Durst erfand die Lust am Leben
wird hier niemals
untergeh`n.“
Er sieht sich im Karneval und darüber hinaus die Menge anheizen. Zum Beispiel auch in der Sommersaison beim „Biggesee Open Air“. Die Verhandlungen laufen. Doch wer glaubt, Uli ist entweder ein am Mischpult festgewachsener Tüftler oder ein hart feiernder Rocker, sieht sich schnell getäuscht: „Ich laufe sehr viel durch den Wald, fahre Mountainbike wie ein Wilder. Bewegung ist unheimlich wichtig. Dabei kommen meine Einfälle. Die Riffs, Hooklines und Texte sind da draußen ja längst vorhanden. Ich bin lediglich derjenige, der sie einfängt und etwas daraus schöpft, das es so vorher noch nicht gegeben hat.“
So macht das ein Künstler: Er richtet seinen Lifestyle darauf aus, ein Medium zu sein. Uli kratzt sich am Kinn: „Ja, nach diesem Verständnis bin ich wohl ein Medium. In der Natur hole ich mir die Ruhe, die ich brauche, um die Dinge erst zu Papier und dann zum Klingen zu bringen. “
„Stell dir vor wie schön es wär wir beide wachen auf
Ein Himmelbett mit Stroh bedeckt die Hühner oben drauf
die Spiegeleier brutzeln im sauerländer Speck
nach einem Bauernfrühstück ist der Hunger weg
Wir sind hinausgegangen um vogelfrei zu sein den
Sonnenschein zu fangen
doch der Ruf der Wildnis holt uns alle ein“
Mich holt nun allerdings das wahre Leben ein. Termine, Verpflichtungen, die Deadline. Doch eines bleibt: Ein Nachmittag mit Uli Sprenger ist eine Frischzellenkur für Herz und Verstand! Als Botschafter einer ganzen Region zeigt er uns, dass das Sauerland in kreativer Hinsicht noch längst nicht tot ist – Egal, was kommt.
Text und Fotos: Stefan Schröder