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Von Rita Maurer

Hallenberg/Winterberg. Solfari – das ist isländisch und bedeutet „Der mit der Sonne reist“. Vielleicht hatte Hans Watzl aus Mittelfranken genau dieses Ziel schon im Hinterkopf, als er vor sechseinhalb Jahren seinem Fohlen diesen Namen gab.

Wenn der Opa mit dem Enkel...... - winterberg, region, region-wi-me-ha, hallenberg
Solfari und Hans Watzl            Foto: Rita Maurer

Solfari ist inzwischen ein stattlicher Wallach geworden. Und ein ausgebildetes Wanderreitpferd – genau wie seine Pferde-Kollegin Fluga. Die beiden sind derzeit wohl die bekanntesten Islandpferde in Deutschland – denn sie sind gemeinsam mit Hans Watzl unterwegs, um dessen Enkel Hannes und Esther von der Schule abzuholen.

Das allein ist ja eigentlich noch soooo ungewöhnlich. Das wird es jedoch dadurch, dass zwischen Wassermungenau, dem Wohnort von Hans Watzl, und der Schule seiner Enkel mitten in Münster rund 550 Kilometer liegen – und er diese Strecke eben hoch zu Ross absolviert.

Am 5. September hat Hans Watzl sich mit Fluga und Solfari auf Weg gemacht. Am Sonntag, 1. Oktober, will

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Foto: Rita Maurer

er ankommen, damit er am Tag darauf wie vereinbart vor der Schule seiner Enkel steht. Am Wochenende ist der 62-Jährige dabei auch durch Hallenberg gekommen und hat beim Reitverein Winterberg Station gemacht.

Das Wanderreiten ist für Hans Watzl nicht neu, er hat schon mehrere Touren hinter sich – aber noch nie so lang und allein, sondern immer in kleinen oder größeren Gruppen.

Sechs Monate Vorbereitung

In dem jetzigen Unternehmen steckt fast ein halbes Jahr Vorbereitung. Am Anfang stand die Frage: „Willst Du das und kannst Du das wirklich“, erzählt Hans Watzl, während er seinen vierbeinigen Kameraden eine Fresspause am Radweg kurz vor Liesen gönnt.

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Pause für Mensch und Tier             Foto: Rita Maurer

„Man muss sicher sein, dass man es physisch und auch psychisch schafft, eine solche Strecke allein zu reiten.“  Das gilt nicht nur für ihn selbst, sondern auch seine Pferde. Irgendwann hat er das bis dahin stille Ziel laut ausgesprochen und seinen Enkel Hannes gefragt, ob der denn mal per Pferd von der Schule abgeholt werden möchte. Die begeisterte Antwort war klar, also gab es kein Zurück mehr – versprochen ist versprochen:  „Als erstes habe ich auf der Karte einen langen Strich von Wassermungenau nach Münster gezogen und nach Wanderwegen gesucht. Dann habe ich ungefähr alle 30 Kilometer einen Punkt gemacht und geguckt, ob ich dort eine Unterkunft für die Pferde finde.“

Streckenplanung per GPS

Eine große Hilfe war dem Maschinenbauingenieur dabei sein GPS-Gerät – ein Geschenk seiner Arbeitskollegen zum Beginn seiner Altersteilzeit am 1. Januar 2017. Hans Watzl lacht: „Damit sollte ich immer wieder den Weg nach Hause finden – die haben schon geahnt, dass es mich hinausziehen würde!“ Mithilfe dieses Gerätes und einer topographischen Wanderkarte hat er sich die ausgetüftelte Strecke anschließend Kilometer für Kilometer am Bildschirm angesehen und auf ihre Pferdetauglichkeit überprüft, erst dann hat er einen sogenannten „Track“ als Datei angelegt und zusätzlich auf seiner Karte per Hand eingezeichnet. Und trotz dieser akribischen Planung ist viel Spontaneität gefragt. Manchmal sind die Wege in natura zu schmal oder zu steil, es gibt Baustellen oder umgestürzte Bäume, eine Straße ist zu stark befahren. Und eben auch den Faktor Pferd:

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Auf dem Radweg in Hallenberg       Foto: Rita Maurer

„Die Fluga geht fast überall durch, egal ob abschüssig oder sumpfig. Solfari ist dagegen sensibler und braucht schon mal einen Umweg.“ Deshalb ist jeder Tag aufs Neue spannend und verläuft selten nach Plan. Am Sonntag ist z.B. aus den geplanten 13 Kilometern fast das Doppelte geworden, fünf Kilometer Abweichung pro Tag sind Standard. Das bedeutet stets volle Konzentration: „Abends brauche ich meistens zwei bis drei Stunden, um runter zu kommen. Wellnessurlaub ist das nicht.“

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Tagesziel geschafft – verdiente Pause beim Reitverein Winterberg Foto: Rita Maurer

Die Route führt möglichst über Land, manchmal lässt sich das Durch- oder Überqueren von Städten, Bahngleisen oder Autobahnen aber nicht verhindern. Marburg mit seinem dichten Verkehr war z.B. purer Stress für alle drei. Was ist, wenn es so wie in den letzten Wochen ständig regnet? „Dann werden wir nass“, antwortet Hans Watzl lakonisch. Bisher hat er jeden Tag die geplante Strecke durchgezogen, bei Wind und Wetter. Umplanen wäre auch nicht so einfach, schließlich sind die Quartiere für Ross und Reiter ja schon im Voraus gebucht. Nach je sechs Reittagen ist ein Tag Ruhe eingerechnet.

Wanderreiten = Wandern und Reiten

Wanderreiten kommt von Wandern und Reiten. Mindestens ein Viertel der Strecke läuft Hans Watzl nebenher und führt seine Freunde, wie er Fluga und Solfari nennt. Innerhalb von Orten, auf Fuß- und Radwegen oder sehr steilen Passagen steigt er ab.

Mindestens vier Mal die Woche ist Hans Watzl seit April längere Strecken geritten, teilweise mit voller Ausrüstung, damit seine Pferde sich daran gewöhnen, abends nicht in den gewohnten Stall zurückzukehren. Hans Watzl hat bewusst zwei Pferde dabei, immer abwechselnd eins als Reit- und eins als Packpferd: „Zu zweit ist es für die Tiere schöner und durch die Wechsel weniger anstrengend.“  Er selber genießt die Zeit allein, auch wenn manchmal ein Reitpartner praktisch wäre: „Es wäre einiges einfacher, man kann sich gegenseitig die Pferde halten oder mal ein paar Meter vorlaufen, um zu sehen, ob ein Weg machbar ist. Aber ich komme auch gut mit mir selbst klar.“

Und schließlich weiß Hans Watzl ja, wofür er sich diesen Weg zum Ziel gemacht hat. Für seine Enkel Hannes und Esther. Denn versprochen ist versprochen!

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Heute hier, morgen dort………………………..Foto: Max Maurer

 

 

 

 

 

 

 

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