Abgesehen von seiner eiligen Geburt hat der kleine Karl es gerne ruhig und gemütlich Foto: Rita Maurer
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Von Rita Maurer:

Hallenberg. Karl liegt ganz still auf seiner Decke und guckt mit großen Augen in die Welt. Mit seinen knapp zwei Wochen wirkt er wie die Ruhe selbst. Karl und Ruhe – bei seiner Geburt hatten diese beiden Worte allerdings so gar nichts miteinander zu tun!

25. März 2017: Am Samstagmittag ist Mama Sara Martens beim Routine-Ultraschall in ihrer Wunschklinik in Marburg, denn ihr drittes Kind ist schon acht Tage überfällig. Aber alles in Ordnung. Die wenigen leichten Wehen, die ab und zu auftreten, sind harmlos. Keine Hinweise, dass die Geburt bald losgehen könnte, deswegen wird für Montag ein Termin zum Einleiten gemacht. Sie könne ruhig ein bisschen spazieren gehen, vielleicht würde das die Wehen in Gang bringen, meint der Arzt zum Abschied noch.

Wieder zuhause in Hallenberg geht Sara Martens deshalb mit den beiden Großen Emma (6) und Bruno (4) ein Stück an die frische Luft. Ihr Mann Oliver fährt zu einem Freund, um an dessen Scheune zu werkeln.

Unterwegs in den Wiesen zwischen Hallenberg und dem hessischen Nachbardorf Somplar durchfährt Sara Martens dann ganz überraschend eine richtig heftige Wehe. Fünf Minuten später kommt die zweite mit der gleichen Wucht. Dass sie so den Rückweg nach Hallenberg nicht schaffen würde, ist ihr schnell klar. Deshalb ruft sie ihre Eltern in Somplar an, um sich und die Kinder holen zu lassen. Ihrem Mann sagt sie außerdem Bescheid, dass sie wohl heute zum zweiten Mal nach Marburg müssen. Weil die Wehen jetzt so stark werden, bittet sie ihn, sie in Somplar aufzusammeln und gleich weiter zu fahren; die großen Geschwister sind ja bei den Großeltern gut untergebracht.

Wehen setzen bei Spaziergang ein – Rettungsdienst kommt zu spät

Im Elternhaus in Somplar kommen die Wehen jedoch Schlag auf Schlag. Sara Martens schickt Oma und Opa mit den Kindern in den Garten. Dann geht sie ins Bad, um sich noch kurz frisch zu machen. Inzwischen bei seinen Schwiegereltern angekommen, findet Oliver Martens sie dort. Die Fruchtblase ist geplatzt, die Wehen kommen in immer stärkeren und kürzeren Abständen. „Ich war völlig überrascht. Ich hab nur immer gedacht, Du kannst jetzt noch nicht pressen, Du musst dich irgendwie anziehen und ins Krankenhaus fahren“, erinnert sich Sara Martens. Und dass sie sich tatsächlich noch Gedanken um den Teppich im Flur machte und deshalb im Bad blieb.

Oliver Martens versucht, den Kreißsaal in Marburg und ihre Hebamme aus Winterberg zu erreichen, dann ruft er den Rettungsdienst an. „Man steht da und denkt, das kann doch jetzt  gar nicht sein. Ich habe nur noch irgendwie funktioniert“, beschreibt er, was ihm dabei durch den Kopf schoss. „Mir fiel erst hinterher wieder ein, dass ich sonst ja gar kein Blut sehen kann.“

Ein Gefühl für Zeit haben beide überhaupt nicht, aber gerade mal acht Minuten vergehen vom Notruf bis zum Eintreffen des Rettungswagens. Das stellen sie aber erst hinterher fest. Und genau diese Minuten werden sie wohl nie mehr im Leben vergessen: Sie bringen in dieser kurzen Phase ihren Sohn Karl ganz allein auf die Welt. „Er hat kurz geschnorchelt, dann dieser bange Moment wohl jeder Mutter, ob er schreit. Als er direkt anfing, war für mich alles gut!“

Mutter, Vater und Kind wohlauf

Während jetzt alle Anspannung von Sara Martens abfällt, wird ihr Mann richtig nervös: „Ich wusste doch nicht, was ich mit meiner Frau und unserem Kind in dieser Situation machen sollte. Oder mit der Nabelschnur – einfach durchschneiden? Wie denn und womit?“ Er ruft im Kreißsaal an und bittet um Rat, was er tun soll, weil sein Kind gerade zuhause geboren wurde. Man fragt ihn: „Was sagt denn der Arzt dazu?“ – „Es ist gar keiner da, das ist ja mein Problem!“

Aber das löst dann der Rettungsdienst, der nun zeitgleich mit der Hebamme ankommt. Die Sanitäter klemmen die Nabelschnur ab, die der stolze Papa durchschneiden darf. Die Hebamme kümmert sich um die Erstversorgung von Mutter und Kind.

Karl und sein rasanter Weg ins Leben - winterberg, region, region-wi-me-ha, hallenberg
Ein Arm voller Glück: Oliver und Sara Martens sind dankbar, dass sie alle drei die schnell Geburt so gut gemeistert haben.                                                                                                Foto: Rita Maurer

Nachdem auch die völlig überraschten Großeltern und Geschwister den eiligen Erdenbürger begrüßt haben, wird die junge Familie zur Nachuntersuchung ins Krankenhaus gebracht. 3565 Gramm und 50 Zentimeter misst der kleine Mann. Alles bestens. Auch bei der Mama. Deshalb beschließen die Martens, anschließend nach Hause zu fahren: „Wenn schon Hausgeburt, dann richtig!“

Erst abends angefangen zu verstehen…

Ungefähr drei Stunden, nachdem Sara Martens zu ihrem Spaziergang aufgebrochen war, sind sie wieder zurück in ihrem Haus in Hallenberg – mit einem Familienmitglied mehr. Von der ersten Wehe bis zur Geburt ihres dritten Kindes hat es gerade mal eine halbe Stunde gedauert. „Das Ganze zog an uns vorbei wie ein Film“, berichtet Oliver Martens. „Erst abends auf der Couch habe ich angefangen zu verstehen – Du bist tatsächlich heute Papa geworden.“

Während seine glücklichen Eltern diese ungewöhnliche Geburtsgeschichte erzählen, nuckelt Karl zufrieden an seinem Schnuller. Dann macht er die Augen zu und nickt ein. Immer mit der Ruhe!

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Und jetzt erstmal ein Nickerchen nach dem anstrengenden Interview ……..                       Foto: Rita Maurer
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